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Urlaub in Plakias auf Kreta

15.4.-29.4.2001

Planung

Kreta zu erobern ist gar nicht so leicht. Das haben auch schon andere feststellen müssen. Schließlich reichen die Kulturepochen dieser Insel bis 5000 Jahre zurück in die Vergangenheit, und jede dieser Kulturen hat Auseinandersetzungen, Besetzungen und Naturkatastrophen zu überstehen gehabt. Manche Kultur ist untergegangen und hat der Nachwelt nur ihre Reste überliefert. Das kann man in jedem Reiseführer oder Sachbuch über Kreta nachlesen.

Die letzten beiden Eroberungen fallen in die jüngere Zeit. An "Die Schlacht um Kreta" als "Ruhmesblatt" deutscher Kriegsführung im Jahre 1941 unter Aufopferung einer ganzen Armee von Fallschirmjägern kann sich noch so mancher ältere Inselbewohner erinnern. Dafür hat diese Besetzung vergleichsweise nur kurze Zeit gedauert – nämlich weniger als 5 Jahre.

Nicht viel später hat eine neue – die bislang letzte - Eroberung statt gefunden: die Vereinnahmung durch den Tourismus. Das ist zwar – weitgehend – friedlich abgelaufen, hat aber die Insel mehr verändert, als alle Okkupationen zuvor. Das übrige hat die Motorisierung und der damit einhergehende Straßenbau besorgt, so dass heute auch die ehemals fast unzugänglichen Regionen mit dem Rest der Welt in Verbindung stehen.


Die Bucht von Plakias
Wenn man also heute Kreta "erobern" will, dann tut man das als Tourist. Wir haben das schon einmal im Jahre 1997 versucht, und haben uns nur Teile von Ostkreta unterwerfen können. Es ist also noch eine Rechnung offen, und wir erweitern unsere Aktivitäten auf sinnvolle Weise, wenn wir uns weiter westlich dem Mittelteil der Insel zu wenden. Da die Nordküste wegen der ausgedehnten Strände und einher gehender Bebauung ein griechischer "Ballermann" zu werden droht, wählen wir auf Grund von Empfehlungen und Recherchen, die man heutzutage im Internet durchführt, den Ort Plakias and der Südküste Kretas für unseren Frühjahrsurlaub aus. Ich finde im Netz sogar eine Panoramaaufnahme der gesamten Bucht von Plakias, da braucht man eigentlich gar nicht mehr hin zu fahren – wenn man schon vorher weiß, wie es da aussieht. Ganz so ist das dann natürlich auch wieder nicht. (Quelle: http://www.peter-thomson.co.uk/crete/Where_to_start_walking_or_cycling_Plakias.html

Ostersonntag: Anreise

Zwei Malheurs ereilen uns gleich zu Beginn, das eine kleiner, das andere folgenschwerer, vielleicht sogar positiv. Das erste Malheur ist der Ersatzwecker, den wir zur Sicherheit mit einsetzen, da wir nachts um zwei aufstehen müssen, um den Flieger um 5.45 in Hannover zu erreichen. Da beide Wecker funk-gesteuert agieren, pfeifen sie uns uno sono im gegenseitigen Einvernehmen aus einem tiefen Schlaf. Und der Ersatzwecker lässt sich nicht wieder abstellen, was erst durch Entnahme der Batterie gelingt. Na und dann auf der Autobahn beginnt es immer mehr zu schneien. Aber wir erreichen wohlbehalten den Flughafen und es gelingt auch, einen Touristenparkplatz im Parkhaus zu ergattern. Einchecken und Einboarden, das geht alles wie geschmiert. Doch dann fällt mir ein, dass ich den Führerschein im Auto gelassen habe. Jeder andere hätte sich nun sicher dem fälligen Stress ausgesetzt, zurück zu eilen um dann zu guter letzt auf das gerade startende Flugzeug aufzuspringen. Das ist bei uns nicht so, dann werden wir auch andere Wege finden, um schöne Dinge zu sehen und zu unternehmen.

Es ist noch zu erwähnen, dass wegen des Schneefalls und der fallenden Temperaturen die Außenhaut des Flugzeugs erst enteist werden muss. Da wissen wir, warum es uns in den sonnigen Süden zieht. So starten wir mit Verspätung, macht aber nichts, wir haben ja Urlaub! Mein Fensterplatz gestattet ein paar Durchblicke auf die Alpen hinunter, doch dann über dem Mittelmeer ist es wolkenlos. So ist wie beim ersten Kretaflug die Aussicht auf die Insel Santorin sehr eindrucksvoll. Man sieht genau, wie sich die Fragmente der Insel fast kreisrund um den nun vom Meer ausgefüllten Krater ziehen. Damals hat es ja wohl mächtig gerumst. Der Anflug auf Herakleon ist dann etwas schwankend, als wenn da einer übt – aber wahrscheinlich liegt es am Wind. Rumpelig setzen wir auf und einige klatschen in die schweißnassen Hände, um sich Erleichterung zu verschaffen.

Bald dann sitzen wir im Bus und warten – und warten – auf die Abfahrt. Vorher muss uns eine Neckerfrau begrüßen, das ist diesmal eine Griechin. Beim letzten Mal war es so schön, mit dem "Frisch gepressten Orangensaft.." und so weiter. Diesmal werden nur die Gäste und Zielorte durch gecheckt. Dann geht es endlich los, raus aus Herakleon, das den Eindruck einer Steinwüste macht. In der Nähe einer Fabrik mit mächtigen Schornsteinen werden die ersten Gäste abgeliefert. Die Schornsteine hat man lustig rot weiß geringelt angemalt, da ist dann der Anblick womöglich schöner. Auch eine Batterie von großen Tanks ist bunt bemalt – na ja, wir fahren ja woanders hin.


Gelbe Blumenkugeln über Plakias
Die meisten Gäste steigen an der Nordküste aus, bevor wir Rethimnon erreichen. Da sind wir fast schon wieder die letzten im Bus – so ist das ja jedes mal. Schließlich geht es nach Süden und man sieht immer mehr Blumen. Der Oleander fängt gerade an mit der Blüte. Lustig sind große gelbe Blütenkugeln, ist das Dill oder eine Zwiebelpflanze? Wir fahren genau zwischen den beiden großen Gebirgen Kretas hindurch, dort liegt noch Schnee. Leider trübt es immer mehr ein, schließlich tritt auch der Scheibenwischer in Aktion. Höhepunkt der Fahrt ist das Passieren der Kourtaliotis-Schlucht, durch die die Straße (leider) hindurch gebaut ist. Vor uns fährt geruhsam ein Leihauto mit einem staunenden Ehepaar. Die kriegen kräftig eins mit der Hupe und fahren schnell auf den nächsten Parkplatz, wo sich die Fotogilde trifft. Wir versuchen ebenfalls, soviel wie möglich zu erhaschen, das heißt Heidi weniger, der graust es eher. Mächtige zerklüftete Felswände ragen auf, hin und wieder sieht man oberirdische Tropfsteine, schließlich waren diese Schluchten alle ehemals Höhlen.

Nach dem Ausgang der Schlucht sieht man schon die Bucht von Plakias vor sich. Wenn man näher heran ist, erkennt man die charakteristische Felswand, die die Bucht im Osten abschließt, und weiß, man ist am Ziel. Wir steigen auf einem staubigen Parkplatz aus, direkt daneben liegt unser Hotel, mit einem Swimmingpool wie auf dem Präsentierteller. Und es bläst ordentlich: "Wind auf Kreta" ist nicht nur der Titel eines einschlägigen Buches! Wir schleppen unser Gepäck in das Hotel, das heißt Alianthos Garden. Daneben liegt ein weiteres Hotel. Das heißt Aliantos Beach. Wir haben aber im Garden gebucht. Verdattert von den Eindrücken des staubigen Parkplatzes und des Präsentierteller-Pools lassen wir uns erst mal in der nicht unbedingt luxuriös eingerichteten Empfangshalle nieder und rauchen eine. Danach lassen wir uns unseren Zimmerschlüssel aushändigen – und – haben wir es nicht gewußt, das Zimmer mit Blick auf den staubigen Parkplatz, ein paar Mülltonnen und einen Komplex aus budenartige Läden.


Kotsifos-Mündung in Plakias
Ich mache Heidi darauf aufmerksam, dass das jedes mal bei uns so ist: alles Mist, so hat man sich den Urlaubsaufenthalt nicht vorgestellt. Etwas wortkarg packen wir aus und machen uns dann an den ersten Erkundungsgang. Plakias ist ein sehr kleiner Ort, nur ein paar hundert Meter lang mit Tavernen und Geschäften. Der "Hafen" wird durch eine Mole gebildet, aber dort ist alles verwaist bei dem Wind. Wir suchen Zuflucht in einer Taverne, die einigermaßen durch Glaswände geschützt ist und schlürfen einen Cappuccino. Ich kriege die Sahne von Heidis Tasse ab. Eine Schar Gänse zieht laut gackernd am Strand ihres Weges, die sind hier der Chef, das werden wir noch beobachten. Auch ein paar Hunde haben alles fest im Griff, aber die sind friedlich.

Den Weg zurück wählen wir die zweite Straße, die es hier gibt, und die ist mehr landeinwärts. Da liegen einige Appartement-Häuser, "ROOMS TOLET" ist da zu lesen. Handelt es sich um Zimmer mit Toilette? Könnte man meinen (aber villeicht kommt man drauf: das heißt natürlich: zu vermieten"). Wir kaufen uns noch eine Flasche Wein für den Abend, dann geht es ans Abendessen, und da sind wir nicht enttäuscht. Unser Zimmer ist zum Glück beheizbar per Chipkarte und Fernbedienung. Einen Fernsehapparat haben wir auch, aber zum Glück sind die meisten Programme nicht zu gebrauchen, RTL II oder SAT, aber auch ARD, so kann man wenigstens die Tagesschau und Wetterkarte gucken. Leider lässt Herr Kachelmann nichts über das Wetter auf Kreta verlauten.

Was sollen wir hier nur zwei Wochen lang machen?

Ostermontag: Myrthios, Plakias Bucht und Damnoni Bucht

Mit dem Wetter werden wir uns noch wundern. Das ist jeden Tag anders um diese Jahreszeit. Heute ist ein strahlender Morgen. Erst mal zum Frühstück, da hat man nach früheren Erfahrungen auch so seine Bedenken. Die bewahrheiten sich nicht – das Buffet ist reichhaltig und hält für jeden Geschmack etwas bereit.


Gelber Mohn bei Myrthios

Myrthios

Jeder neugierige Besucher von Plakias mag als erste Unternehmung den Weg einschlagen, der uns auch angelockt hat. Da liegt hoch oben am Hang ein Bergdorf mit dem Namen Myrthios, und da spaziert man erst mal drauf los. Ein Hinweisschild weist den richtigen Weg, und alsbald befindet man sich zwischen Olivenhainen und blumenbestandenen Berghängen. Der Weg ist grob betoniert und führt steil bergauf. Ganz gut, wenn man da mal stehen bleibt, verpustet und die Blumen und die immer besser werdende Aussicht auf die Plakias Bucht bewundert. Schon klickt der Photoapparat mehrmals. Wir entdecken den gelben Mohn, der hier sehr häufig ist. Beim ersten Kreta-Urlaub hatten wir den nur in Ag. Nikolaos angetroffen.

Das Dorf Myrthios liegt 200 m hoch, und das hört sich nach nicht so viel an. Aber das muss auch erst einmal bewältigt sein, bis man oben ist und auf die Dorfstraße trifft. Dann guckt man hinunter auf den grünen Küstenstreifen, die umgebenden Berge und das blaue Meer. Das ist es doch! Dann wendet man sich den kleinen Gässchen zu, schaut ungewollt in finstere Gemächer wo sich womöglich ein Individuum (meistens männlich) in einem Bett räkelt. Schwarz gekleidete Frauen versehen ihr Tagewerk, andere Männer (die, die schon auf den Beinen sind) halten einen Schwatz. Wir geraten an die Kirche und steigen über die Wasserschwälle, die zwei Frauen eimerweise über den Kirchplatz fluten lassen. Am Glockenturm befindet sich ein Gewirr von Nylonseilen, mit denen wohl die Glocke bedient wird. Leider ist die Kirche verschlossen und durch die Fenster kann man auch nichts erkennen.


Myrthios

Myrthios Posteinrichtungen

Technisches Denkmal
An der Dorfstraße ist ein neu erbautes Gebäude, eine Taverne mit Aussichtsplattform. Da sitzen die Urlauber bei ihrem Ouzo, die mit schmucken Leihautos dieses schöne Fleckchen Erde erobert haben. Wir müssen das nun alles zu Fuß machen. Wir trippeln wieder abwärts und geraten an eine merkwürdige Einrichtung, wo es vernehmlich rauscht und die Wasser durch steinerne Becken strömen. Ich tippe auf eine Viehtränke. Später werden wir lesen, dass es sich um eine frühere Einrichtung zum Wäschewaschen handelt. Wir gehen den gleichen Weg hinunter, bergab geht es schneller und bald sind wir wieder unten.

Nun packt uns die Badewut, Badetücher ein gepackt und ab zu dieser seltsamen Steilwand, vielleicht ist dort ein windgeschütztes Plätzchen zu finden. Vor der Wand haben sich durch den Wind kleine Dünen gebildet, da lagern einige Sonnenhungrige. Wir wählen einen Platz vor einem großen Gebüsch, wo der Wind erträglich ist. Man lagert sich, man blinzelt, was für eine grandiose Aussicht. Die Bucht ist von hohen Bergen umsäumt, oben gibt eine Straße, die führt durch das Bergdorf Sellia, 290 m hoch. Da müssen wir auch noch hin – aber heute nicht. Während Heidi sich schon mal sonnencremt, habe ich ungeduldig die alten brüchigen Sandalen (die haben wir damals in Sitia gekauft) über gestreift und verabschiede mich bergwärts. Da ist ein kleiner Pfad hinauf zu dieser Wand, in der zwei Klufthöhlen gähnen. Die müssen ja nun inspiziert werden. Beide sind schlichte Risse in der Wand und führen leider nicht weiter in die Tiefe des Berges.


Der "Botanische Garten" Plakias

Luftiger Weg
Aber da soll es ein wenig weiter noch einen Stollengang geben, das weiß ich nun wieder aus dem Internet. Aber wo der Stollen hinführt, wurde nicht verraten. Der weiter führende Weg wird alsbald etwas luftig, das heißt, da geht es links um eine Ecke und rechts steil runter. Aber das ist sogar mit den brüchigen Sandalen zu machen, obwohl die entgegen kommenden Wanderer meistens stabile Bergschuhe tragen. Da frage ich doch lieber den nächsten, wohin dieser Weg eigentlich führt. Der nächste ist eine Dame, "I am from England" sagt sie. Klasse, Englisch reden, und auch noch mit einer Lady! "Where does this path lead to?" im besten Schulenglisch. "There is a hole in the cliff, but no one knows, you need a light". Dann kommt ihr Gatte um die Ecke, auch in schweren Bergschuhen. Der weiß auch nicht mehr. Ich turne weiter voran auf dem luftigen Pfad inmitten einer zauberhaften Vegetation. Orchideen, d.h. Knabenkräuter, diese lichtgrünen kuscheligen Kugelbüsche, die sich bei nährem Hinsehen oder –fühlen als ziemlich stachelig erweisen, und jede Menge Blumen, deren Namen wir uns mühsam aus einem Buch über Blumen des Mittelmeers erarbeiten, falls überhaupt. Jedenfalls kann diese Vegetation kein botanischer Garten übertreffen. Und dann stehe ich vor dem Mundloch des Stollens. Daneben fällt die Bergwand senkrecht ins Meer, links geht es steil über ausgewaschene Lehmhalden hinauf.

Also ein Blick in den Stollen, darin wird es alsbald zappenduster, womöglich ist da plötzlich ein Loch im Boden oder so was? Da tastet man sich nach 10 m lieber wieder zurück ins Helle um und kehrt dann stolz berichtend zu seiner sonnencremenden Gattin zurück. Allerdings habe ich mir durch das scharfkantigen Gestein ein talergroßes Loch in den Sandalensohlen ein gehandelt.


Damnoni Bucht
Trotz der grandiosen Aussicht zwingt uns der Wind im Lauf des weiteren Nachmittags, die Segel zu streichen. Ich locke meine liebe Frau auf einen steinigen Pfad, der an dem letzten Anwesen vorbei führt und sich dann als Trampelpfad durch einen neu angelegten Olivenhain windet. Als wieder Wanderer entgegen kommen, die gleiche Frage: "Wo führt dieser Weg hin?" "Oh sorry, what do you mean?" "Where does this path lead to?" "Oh, there is the Hapimag Hotel five minutes from here". Hapimag hört sich so ausgesprochen an wie Häppimäck. Na dann wissen wir schon Bescheid, laufen die fünf Minuten, ich beiße die Zähne zusammen, wenn die Steine sich durch das Loch in der Fußsohle in den Hacken bohren. So gelangen wir an die Damnoni Bucht, früher eine Idylle (wie man lesen kann), heute total verbaut durch diese alles beherrschende "Happy Mac"-Anlage. Wir gehen eine asphaltierte Straße zurück, bis wir auf die Straße nach Plakias treffen.

Nun geht der erste Gang in ein Geschäft, wo man eine detaillierte Wanderkarte und zwei Wanderbroschüren über die Region erwerben kann. Diese sind das Werk eines Engländers namens Lance Chilton, der genauere Informationen über die Umgebung zusammen gestellt hat. Die Wegebeschreibungen sind allerdings etwas verwirrend und die selbst gezeichnete Karte ist auch nicht so ganz klar, aber für den unternehmungslustigen Wanderer mangels anderer Unterlagen von unschätzbarem Wert. Man sieht allerorts Leute mit dem Heftchen oder der Karte vor der Nase durch die Gegend stapfen. Die Lance Chilton Broschüren sind ein Bestseller, jedenfalls hier. Einen Tag später entdecken wir einen Aushang in dem besagten Geschäft, wo mitgeteilt wird, dass die Hapimag Organisation eine Raubkopie vertreibt, an der unser lieber Lance Chilton nicht beteiligt ist. Handschriftlich unterschrieben mit "April 2001". Dann muss dieser Lokalmatador ja vor Ort sein, leider werden wir ihn nicht kennen lernen Aber unsere "Sympathie" gegenüber Hapimag ist geweckt und wir werden uns rächen.


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