Wie man die Zukunft voraussagt

In einer solchen Anlage wie dem Garden Resort kann man sich den ganzen Tag an alkoholischen Getränken laben: Bier, Weiss- und Rotwein, Prosecco, schliesslich Grappa, Whisky usw. Zum Glück sind aber fast alle Gäste sehr diszipliert in dieser Angelegenheit. Falls doch nicht, so fällt das durch lautstarkes Gelächter auf, wo man es sich wohl ergehen lässt. Ein Herr aus einem der Alpenländer und einer Stadt, die an der Donau liegt - aber nicht Wien -, lässt da wohl nichts anbrennen, obwohl  er sich auf Hochtszeitsreise zu befinden scheine, wie gemunkelt wird. Zum Volleyball soll er schon nicht mehr zugelassen sein, heisst es.

Am Strand ist jener Herr jedenfalls heute hyperaktiv - es ist sein letzter Tag, und bestimmt durch sein Gelächter - aus welchen Gründen auch immer - den akkustischen Hintergrund. Dann geht es aber erstmal auf die Toilette, dann duschen und nass wie man ist, die nächsten Leute anquatschen. "I had a dream.." (AbbA) summt er vor sich hin: "Ich kann die Zukunft vorraussagen, kostet 5 EURo". Die ebenfalls aus besagtem Alpenland stammende Dame am Tisch der Strandbar ist schlagfertig: "Morgen sind wir abgehoben". "Da haben sie recht,  morgen sind wir abgehoben!". Das liegt daran, dass am nächsten Morgen ein Flieger mit den meistens nur eine Woche weilenden Gästen nach Wien abheben wird.

"Wenn er so weiter macht, wird er das nicht mehr geniessen" ist die äusserung der weitsichtigen Dame. Und damit hat sie recht und damit die Zukunft richtig vorher gesagt. Denn am Abend nach dem Buffet erscheint mit Blaulicht der Notdienst und transportiert diskret einen gefallenen Herrn unter einer Thermodecke wohl in das nächste Krankenhaus. "Das war der Alpenländler" wird gemunkelt , und wenn es so war, wird seine Zukunft am nächsten Tag nicht gerade "abgehoben" begonnen haben. Näheres können wir leider nicht berichten, obwohl man ja immer neugierig ist. Auch ein Herr mit einem Kaiser Franz Josef Bart - er kommt aber nur aus Mannheim oder so -, weiss vieles in diesem Fall auch nichts näheres.

Sizilien und Taormina

Diese Ganztagesfahrt am Dienstag der 2. Woche ist etwas teurer mit 48 EUR p.P., aber Heidi hatte am Sonntag zuvor Geburtstag, und mangels anderer überraschungen oder gar Geschenken muss man schon mal was springen lassen. Die Fahrt beginnt morgens um 7 Uhr. Deswegen ist es besser, an der Rezeption einen telefonischen Weckdienst auf 6 Uhr morgens zu bestellen, falls man am Abend zuvor noch die eine oder ander Karaffe Rotwein auf dem Balkon geniessen möchte. Prompt liegen wir in tiefem Schlaf, als uns das Telefon rausklingelt.

Ein eiliges Frühstück, das ab 6 Uhr eingenommen werden kann, und dann zum bereitstehenen Bus. Wo uns - wer mag es wohl sein - unser lieber Massimo in Empfang nimmt. Er kennt uns sogar noch vom letzten Mittwoch. Das ist ja nicht so einfach, wenn man im Laufe einer Saison hunderte oder gar mehr an Gästen durchschleust. Heute fahren wir über die Autobahn, die abenteuerlich geführt ist. "Einzige Autobahn in Italien ohne Gebühren, weil immer Baustelle". Ein Erdbeben würde man dieser Strecke auch nicht wünschen. Es ist eine der höchsten Autobahnbrücken der Welt dabei mit 250 m Luft darunter, wie es heisst. Deswegen sitze ich heute ausnahmsweise mal am Fenster, damit Heidi nicht das Grausen bekommt. Viele Tunnel sind noch im Bau, da stehen sogar einige dieser Tunnelfräsmaschinen herum. Warum die Arbeiten so lange dauern, erklärt uns Massimo ganz einfach: würde man schneller arbeiten, wäre man auch schneller arbeitslos.

Zwei Orte sind gut von der Autobahn sichtbar. Der eine heisst - glaube ich - Seminara und ist berühmt durch seine Keramikprodukte. Es würden auch gläserne Flaschen in Gestalt unbekleideter Menschen produziert und nach ganz Italien oder sogar in die ganze Welt exportiert. Welchen Inhalt man für die Flaschen verwendet, ist mir nicht mehr erinnerlich, sicher nicht gerade Wasser. Der Name des anderen Ortes kommt bereits bei Homer in der Odyssee vor und das ist Scilla (Scylla und Charybdis = Meerungeheuer). Dazu gibt es eine sehr interessante Internetseite über die wissenschaftlich untersuchten geografischen und mythologischen Hintergründe der Odyssee:

http://www.humboldtgesellschaft.de/inhalt.php?name=odyssee

Demnach war die Scilla womöglich ein überdimensionaler Krake (Oktupus) von riesigem Ausmass und die Charybdis einer oder mehrere Strudel, wie sie hier strömungsbedingt zwischen Thyrrenischem und Ionischen Meer in der Strasse von Messina auftreten


Die "Adleransicht" von Scilla
Der Ort Scilla soll von oben gesehen die Gestalt eines Adlers haben. Wer es nicht glaubt, kann bei Google Maps einmal nachsehen. Die Küstenlinie bildet die ausgebreiteten Schwingen, der Ort den Körper, die vorgelagerte Halbinsel den Kopf, das Kastell das Auge und die Hafenmole den Schnabel. Ein weiteres Merkmal dieser Stadt sind die in das Wasser gebauten Fischerhäuser, woher sich die Bezeichnung Klein Venedig herleitet.(Klein Venedig kennt man auch in Colmar, Elsass, oder in unserem Nachbarort Wolfenbüttel).

Inzwischen sind wir an der Strasse von Messina und der Stadt Villa San Giovanni angelangt. Da stehen auf beiden Seiten der Meerenge rotweisse Hochspannungsmasten, die einstmals Sizilien vom Festland aus mit Strom versorgten. Inzwischen versorgt sich Sizilien selbst mit Elektrizität. Genau an dieser Stelle wollte man eine 3000 m lange Hängebrücke bauen. Das Projekt hat sich bis heute aus politischen und finanziellen (Hinter-) Gründen nicht verwirklichen lassen.

Stattdessen herrscht ein reger Fährverkehr hinüber nach Messina. Und wir haben Glück, es gibt keine Wartezeit und unsere Fähre läuft bereits den Anlegeplatz an. Nun kann man sich wieder über einen verdatterten Herrn amüsieren, der ahnungslos die Landschaft fotografiert, während sich der Bus mit geschlossenen Türen anschickt, auf die Fähre zu rollen. Da läuft dieser verdatterte Herr aufgeregt neben dem Bus her, bis er endlich erlöst und eingelassen wird. Aufatmend nehme ich neben meiner Gattin Platz. Damit kennt einen wohl jeder im Bus. "Es gibt ja auch hübsche Calabrisellas" wurde im Bus per Mikrofon verkündet, falls man verschütt gegangen wäre. Oili, Oila!

Während wir mit der Fähre die Meerenge nach Messina überqueren, gleitet majestätisch ein Kreuzfahrtschiff vorbei. Das ist die "Brilliance of the Seas", gebaut von der Meyerwerft Papenburg/Ems. Der können Scylla und Charybdis überhaupt nichts anhaben. Das ist auch gut so, denn auf dieses Schiff passen bis zu 2000 Passagiere drauf, und die wollen auch - wie wir - nach Taormina. (Darf ich an die blaue Reise erinnern, die wir im Frühjahr gemacht haben? Da waren wir 12 Passagiere!!!) Vor Taormina kann man aber heute wegen zu starken Seegangs nicht ausbooten. So müssen die 2000 Leute mit Messina vorlieb nehmen. Vorteil für uns! Nachteil: um den Aetna herum ist eine trübe Wetterlage, und so werden wir diesen über 3000 m hohen Vulkan nicht zu Gesicht bekommen.

Von Messina fahren wir die Küstenautobahn nach Süden. Die Landschaft in Richtung des Landesinneren bilden grüne und gefaltete Berge. Die Feigenkakteen scheinen sich hier sehr wohl zu fühlen und wachsen wie Unkraut. Deren schmackhafte Früchte sind schwer zu ernten, wenn man sich nicht gerne pieken lässt. Daher geschieht das mit geeigneten Maschinen. Wenn man es auf eigene Faust versuchen will, sollte man eine Dose mit einem Loch im Boden an einem langen Stock befestigen und damit die Früchte abzwicken. Aber auch die pieken noch und müssen sorgfältig ausgepult werden, bevor sie zum Essen geeignet sind.

Die Früchte der Opuntie sind saftig und stillen hervorragend den Durst. Das korallfarbene oder rote Fruchtfleisch mit seinen kleinen, dunklen, essbaren Kernen ist leicht säuerlich und hat ein blumiges Aroma. Vor allem als Frischobst, zur Saft- und Marmeladenherstellung eignen sich die exotischen Früchte. (aus dem Internet)

Taormina liegt oben an einem Berghang und zu Füssen des Aetna. Unten ist verkehrsgünstiger gelegen ein grosses Parkzentrum für Busse und Pkws, Lumbi genannt. Von dort wird man mit einem Shuttlebus nach oben gekarrt. Unsere Reiseführung wird jetzt von einer Dame übernommen, die aus Deutschland stammt aber nun hier zu Hause ist. In Italien gibt es ein strenges Gesetz, dass die Reiseführer nur in ihrer jeweiligen Region tätig sein dürfen. Unser Massimo ist daher nun für eine Weile von seinen Pflichten entbunden. Also folgen wir der Dame, die uns mit einem erhobenen Schirm vorangeht. Vor ein paar Minuten hat es allerdings auch noch geregnet, deswegen können wir den Aetna nur auf Ansichtskarten bestaunen, ansonsten hüllt er sich heute in Wolken ein. Näheres zum Aetna erfährt man hier:

http://141.84.51.10/palmuc/sammlung_geologie/seiten/museum/geoforum/vulkan/Aetna.html

Man wandert nun auf der Via Teatro Greco entlang zwischen nicht enden wollenden Souvernirläden bergwärts zu dem berühmten Amphitheater von Taormina. Das kostet zwar Eintritt (6 EUR), aber dafür bekommt man eine sehr informative Lehrstunde. Das Theater wurde wohl von den Griechen angelegt, wobei man die umgebende Landschaft einschliesslich des Aetnagipfels als Hintergrundkulisse integrieren konnte. Später kamen die Römer und haben hier Gladiatorenkämpfe veranstaltet, da mag so mancher sein Leben angesichts einer schönen Landschaftsaussicht ausgehaucht haben. Später war dann auch Goethe mal da, per Schiff von Neapel kommend, und der fand das alles prima und klasse bzw. klassisch. Dann sei einmal ein deutscher Kunstmaler gekommen und habe das alles auf die Leinwand gebannt. Zurück im lausigen Nordeuropa habe ihm niemand geglaubt, dass es derartig liebliche Ansichten in Wirklichkeit geben könnte. Daraufhin habe dieser Maler eine Gesellschaftsreise nach Taormina organisiert und damit den Tourismus in dieser Region begründet. Ein altehrwürdiges Hotel zu Füssen des Theaters zeugt heute noch von dieser Zeit.

Inzwischen sind wir die eine oder andere Etage der Theaterränge empor geklettert. Als Heidi einmal einen Blick zurück wirft, wird ihr klar, dass sich eine gähnende Tiefe hinter ihr aufgetan hat. Wie soll man da nur wieder runter kommen? Zum Glück gibt es ein Geländer, da kann man sich dran festhalten anstatt auf allen Vieren zurück zu krabbeln. Einer weiteren Dame geht es ähnlich, die ist auch ganz blass um die Nase. Derweilen turnen wir anderen bereits auf den höchsten Theaterrängen herum und geniessen die atemberaubenden Ausblicke auf die Küstenszenerie. Tief unten ist ein brauner Sporn, der in die Brandung hineinragt. Das sei ein ehemaliger Ausfluss eines Lavastroms vom Aetna herunter, wird berichtet. Da hat man jetzt eine Hotelanlage darauf gesetzt, vielleicht schön warm von unten?

Nun muss ich endlich meine Gattin erlösen, bevor sie einem feurigen Sizilianer in die Fänge gerät. Auf dem Weg zurück auf der Souvernirstrasse kann man noch einmal das Symbolbild für Sizilien (Triskele) studieren. Die drei Beine symbolisieren die drei Eckpunkte der Insel.

Aus Wikipedia:

Die Triskele zeigt in Form eines gleichseitigen Dreiecks drei laufende Beine und ist ein uraltes Symbol für die Sonne oder den Lebensweg....

Zusammen mit einem Kopf in der Mitte nannte man das Symbol Trinacria und der Begriff wurde zum früheren Namen Siziliens, der Insel mit den drei Eckpunkten. Abbildungen der Trinacria gibt es seit der Antike. Eine der ältesten ist in Tindari als Bodenmosaik zu sehen, eine der schönsten an einem Felsen im Park Villa Giulia in Palermo .

Der Kopf in der Mitte stellte zuerst das Haupt der Medusa, einer Gestalt mit Schlangenhaaren aus der griechischen Mythologie dar. In späteren Versionen wurde der Kopf der Ceres, der römischen Göttin des Ackerbaus, abgebildet. Die Weizenähren symbolisierten Fruchtbarkeit, die Flügel erinnerten an Hermes, den Götterboten .

Die Trinacria mit dem Kopf in der Mitte ist noch heute typisches Symbol für Sizilien und überall auf der Insel zu sehen. Sie ziert nicht nur die Flagge, sondern wird als Schmuckstück aus Gold oder Silber, als Wandschmuck aus Ton oder Holz gefertigt.

Die Touristeninformation befindet sich im Palazzo Corvaja. Da ist eine Kolonne von Ritterfiguren und mittelalterlichen Gestalten sowie eine mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Kutsche ausgestellt. Wir wandeln nun aber auf dem Corso Umberto dahin, wie es alle tun. Diese Touristenmeile beginnt an der Porta Messina, an der Piazza 9 Aprile befindet sich ein mittleres Tor und an der Porta Catania ist dann die Welt so gut wie zuende. Da geht es dann wohl direkt zum Aetna weiter. Also wieder zurück auf der Touristenmeile und noch einmal hin und einmal her, bis man die Zeit bis zur Abfahrt des Busses herum gebracht hat.

Man kann zu Fuss zum Parkplatz Lumbi hinunterwandeln. Das ist zwar gut ausgeschildert aber nicht so recht malerisch. Eine Art Treppenturm hinab steigend landet man auf einem riesigen Parkdeck und im Parkhaus führen weitere Treppen hinunter.

Nachdem sich alle Busgäste pünktlich wieder eingefunden haben, kann die Rückfahrt angetreten werden, die ohne weitere Verzögerungen an der Fähre in Messina usw. zügig verläuft. In der Hauptsaison könne das ganz anders ablaufen, da kann man womöglich drei Stunden auf die Fährüberfahrt warten. Massimo sorgt im Bus für allerlei Kurzweil, natürlich auch wieder mit Calabrisella mia - dieses Lied  kennen wir nun ja schon gut und andere sangesstarke Busgäste kennen es auch, wie man hört.

Punkt 18 Uhr sind wir wieder im Garden Resort angelangt und können dem Abendbuffet zustreben.


Kapitel 4
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