Freitag, 30.4.: Marsch nach Gymno

Begeben wir uns also auf eine weitere bescheidene Unternehmung und machen uns heute auf den Weg zu dem landeinwärts gelegenen Bergdorf Gymno. Leider machen wir schon gleich zu Anfang wieder einen Fehler und landen wieder mal in einer Sackgasse. Nach einigen hundert Metern Rückmarsch erreichen wir aber dann die Stelle, wo wir vor ein paar Tagen die High Tech Mountainbiker gesehen haben. Ein Stück weiter ist die schmucke Kapelle und kurz danach ein Wegschild mit der Aufschrift "Gymno". Das ist so ungeschickt plaziert, daß man nicht erkennen kann, welche Richtung der hier befindlichen Verzweigung gemeint ist. Wir wählen zielsicher die falsche und geraten in irgendwelche Wiesen.

Wir können eine Frau fragen, die uns gestekulierend in die andere Richtung weist und damit ist uns auch geholfen. Der Weg steigt mäßig an - wie schön könnte man hier mit dem Rad fahren. Aber das Wandern gefällt uns auch ganz gut, leider hat man eben nicht den gleichen Aktionsradius. Dennoch erreichen wir unser Ziel und streben schnurstracks dem erstbesten Getränkeladen zu. Dort sitzt ein Herr mit dem Ladenbetreiber in der Sonne hinter seinem Bier und fragt uns gleich auf Deutsch, ob wir aus Deutschland kämen. Aus Braunschweig? - das kenne er, denn er habe einige Jahre in Osterode am Harz gearbeitet. Sogleich werden wir zu einer Cola eingeladen.

Während wir unsere Lebensdaten austauschen - wie viele Kinder und so - kommt ein Teller mit Gurkenscheiben auf den Tisch. Die sind mit einer öligen Flüssigkeit übergossen und wir müssen probieren. Sogleich verziehen wir das Gesicht, so scharf ist die Angelegenheit. Schon springt unser Gastgeber auf und pflückt zur Erklärung eine Schote von einem nebenstehenden Busch ab. Pepperoni! Gleich darauf wird ein weiterer Deutschlandheimkehrer, ein älterer Herr mit Krückstock, herbei gewunken. Der habe in Deutschland einige Läden betrieben und sei "Kapitalist" - wie es heißt. "Wir lieben Deutschland" wird versichert.

Beiläufig erkundigen wir uns nach einer Rückfahrgelegenheit und man erklärt uns, daß der Bus in 10 Minuten fahre. Darauf müssen wir uns verabschieden, zu beiderseitigem Bedauern, wenn auch ganz froh darüber, daß wir nicht versacken, was bei der anerkannten Gastfreundlichkeit der Griechen leicht passieren kann. Mangels verbleibender Zeit können wir nur einen kurzen Blick in den Ort werfen, es wird viel gebaut und wirkt daher nicht ganz so romantisch. Einen Bus finden wir dagegen nicht und müssen noch einmal bei unseren Freunden vorbei. Der Bus sei schon weg, heißt es nun. Wir müssen uns noch einmal setzen und können nur mit Mühe verhindern, daß wie an dem Biergelage beteiligt werden. Der "Kapitalist" erklärt bereitwillig, daß er uns ein Taxi nach Amarindos (8km) spendieren wolle.

Das können wir nicht ausschlagen und lernen erst mal noch die Gattin und das Söhnchen des Ladenbesitzers kennen. Schließlich übernimmt die Frau den Taxitransfer mit ihrem Wagen, nachdem die männlichen Zecher wohl nach ein paar Flaschen Bier nicht mehr so gern fahren wollen. Noch einmal große Abschiedsszene und wenig später steigen wir in Amarindos aus und reiben uns die Augen. Wenig später fährt auch der Bus und wir werden wieder unserer Faulenzerei frönen, nachdem wir dieses schöne Erlebnis gehabt haben.

Am Abend bevölkern ganze Heerscharen älterer Herrschaften, meistens weiblich, das Hotel. Dimitri, unsere Auskunftsquelle, setzt uns in Kenntnis, daß es sich um ein Bridgeturnier mit 630 Teilnehmern handelt. "Die spielen ganze Nacht und ganzen Tag, wirst du verrückt" sagt er. Immerhin müssen wir angesichts der Konstitution der Herrschaften keine Bedenken hinsichtlich einer durchgröhlten Nacht wie am vergangenen Wochenende haben.

Wir können dann auch das erste Mal einen beschaulichen Abend auf unserem Freisitz verleben, bisher war es noch zu kalt. In dem Schwalbennest über unseren Köpfen zirpt es manchmal schlaftrunken, mit einbrechender Dunkelheit überlassen die Schwalben den Fledermäusen die Lufthoheit.

Samstag, 1.5: Tag der Arbeit

Der erste Mai ist auch in Griechenland als Tag der Arbeit ein Feiertag, wovon man aber wenig merkt, denn überall wird weiter gebaut und gewirtschaftet. Auch bei unseren Schwalben hat sich etwas getan, denn wir finden so an die 6 Eierschalen unter dem Nest, da hat sich der Nachwuchs wohl in die Welt gearbeitet.

Beim Frühstück kommen wir neben den Tisch einer älteren Dame zu sitzen, die auch der Bridgeleidenschaft frönt. Außerdem hat sie einen kleinen weißen Spitz dabei, der in einer Tasche hockt und auf einem Stuhl plaziert wird. Das scheint ihm zu gefallen, weniger gut findet er allerdings, daß ihm die alte Dame mit Nachdruck zur Tarnung eine Baseballmütze aufsetzen will. Nach dem dritten Versuch gibt sie es auf und der Hund darf visuell am Geschehen teilnehmen. Heidi liegt fast unter dem Tisch vor Lachen.

Auch das weitere Gehabe der kreglen Dame ist sehr amüsant. Sie spricht mit jedem und besorgt sich Unmengen von getoasteten Brötchenhälften. Ein Teil davon rollt dann sogleich wieder vom Tisch, Anlaß zu aufgeregtem Wiedereinsammeln, nur der Hund bleibt gelassen.

Da heute der Tag der Arbeit ist, sind wir besonders faul und machen nur einen kleinen Rundgang auf noch unbekannten Wegen. Dann begeben wir uns an den Strand, es ist zwar ein wenig kühl aber mit Überwindung kann man doch im Meer baden. Die Strandliegen sind so gut wie verwaist, nur zwei beleibte Damen neben uns führen auf südländische Art ein zweistündiges Dauergespräch. Als sie abziehen, kann man sogar unter dem Meeresgeplätscher ein Schläfchen machen. Am Nachmittag erscheint unser Ehepaar aus Unna und alsbald vernehmen wir muntere Weisen von einer mitgeführten Mundharmonika (La Paloma oder In der Lüneburger Heide....).

Beim Abendessen machen wir die Bekanntschaft eines Ehepaares aus Ahrensburg. Die Dame äußert sich entsetzt über die Anlage, die Einzäunung und man fühle sich ja ganz eingesperrt. Wir verabreden uns im Anschluß an das Abendessen in der Hotelhalle, weil wir ja schon einige Tips für Unternehmungen - wenn auch bescheidene - auf Lager haben.

Es stellt sich heraus, daß unser Ehepaar aus Ahrensburg auch eine einwöchige Bildungsfahrt zu den klassischen Stätten Griechenlands hinter sich hat. Da können wir nicht mitreden, sind wir doch mythologisch nicht so auf dem laufenden. Dennoch erfährt man allerlei über Delphi, Olympia oder Athen. Es wird sich zeigen, daß wir in den nächsten Tagen noch einiges zusammen unternehmen werden.

Sonntag, 2.5.: Strandgang nach Amarindos

Natürlich haben wir den Tip, wie man am Meer entlang nach Amarindos gelangt, von unserem Ehepaar aus Unna bekommen. Von einem Strand kann man eigentlich nicht sprechen, denn es handelt sich entweder um Kies oder Mauern der an die Küste grenzenden Anwesen. Aber man duldet wohl, daß man sich zwischen den meistens gepflegten Grundstücken und dem Wasser entlang bewegt. Einige Hunde finden das natürlich wieder weniger gut, aber keiner macht einen allzu gefährlichen Eindruck.

Auf unserem Marsch treffen wir bald auf unser Ehepaar aus Ahrensburg, die nicht so schnell voran kommen, weil sie den Spülsaum am Wasser mit Akribie untersuchen. So hat man bereits Korallen, Sepiaschalen oder Seeigel gefunden. Die haben wir bislang glatt übersehen. Wir teilen unsere Absicht mit, bis Amarindos zu laufen und auf dem schon bekannten Weg zurück zu wandern. Mit "Dürfen wir uns anschließen?" sind wir nun auf einmal eine Vierermannschaft und es stellt sich heraus, daß wir auf gegenseitiger Basis eine sehr nette Bekanntschaft gemacht haben.

Nachdem man eine Zeitlang über Steine und Mauern geklettert ist, wird der zweite Teil des Weges weniger reizvoll. Dort führt ein breit asphaltierter Weg entlang und schnell ist man am Ziel. Vor dem Ort ist auch ein modernes Hotel, das heißt "Stefania" und eine Gruppe beflissener Gäste bemüht sich nach besten Kräften, den Kommandos einer Vorturnerin zu folgen. Das nennt man dann "Aerobic". In Amarindos bemühe ich mich vergeblich, den spannenlangen Schmetterling wiederzufinden, den hat die Straßenreinigung wohl inzwischen entsorgt. Stattdessen finden wir einen angeschwemmten bunten Fisch, der nun als Motiv für ein gelungenes Photo herhalten muß. Am Geländer der Promenade hat man über dem Wasser eine Kolonne ausgenommener Tintenfische zum Auslüften oder Trocknen aufgehängt. Auch bewundern wir wieder das reichhaltige Angebot der Fischläden, und noch ein Photo, denn es erfreut das Auge.

Nun suchen wir uns den Rückweg, das gelingt wider Erwarten auf Anhieb in der hintersten Ecke des Ortes, wo man ein abenteuerliches Anwesen passiert. Kaum vorstellbar, daß man da hausen kann, aber ein älterer Mann trottet herum. Der weitere Weg führt uns wie gehabt durch blühende Wiesen und Olivenhaine, es macht wirklich Spaß. Ein entgegenkommender Autofahrer ist so rücksichtsvoll, für uns Wanderer die Fahrt zu unterbrechen, damit wir nicht soviel Staub schlucken müssen.

Dann passieren wir eine kleine Kapelle, die heißt Agios Demitrios und die Tür ist offen. Das Innere ist sehr interessant, es stehen ikonenartige Tafeln herum, alles unbewacht und wir hoffen, daß keine Souvernirsammler auf dumme Gedanken kommen. Auf einer blühenden Wiese machen wir Rast und verzehren die vorher gekauften Bananen, Apfelsinen oder auch Gurken. Ein unbekannter Schmetterling von der Bauart eines Schwalbenschwanzes torkelt herum, dieser ist gelb und hat schwarze Streifen. Als wir genug gerastet, geblinzelt und geplaudert haben, wandern wir zurück, der Himmel ist wolkenlos und wir beziehen wieder unseren Strandplatz, wo wir die ganze Szenerie für uns alleine haben. Wo die anderen Leute alle stecken, können wir uns auch nicht erklären.

Immerhin können wir einem Surfer zusehen, wie er immer wieder mühsam auf sein Brett klettert um sogleich wieder hinterrücks in das Wasser zu fallen. Als er so entkräftet ist, daß er nur noch paddeln kann, muß ihn das Motorboot der Wassersportabteilung bergen. Dort verfügt man neben der obligaten gelben Banane, auf der man die juchzenden Reiter über die Wellen karriolt und zuweilen zum Kentern bringt, auch über zwei lautstarke Wasserflitzer, die wie Motorräder bedient werden und mit ihrem Geräusch ruheliebende Badegäste zur Verzweiflung treiben können. Da die Saison noch zu früh dran ist, hält sich das mangels Kundschaft in Grenzen.

Nach dem Abendessen und dem Schnack mit Ehepaar W. in der Hotelhalle hören wir in einem Baum genau über uns einen seltsam klingenden Ruf. Zufällig kommt der Chef mit dem stechenden Blick des Weges und wir fragen "What bird is this?" "It is an owl" antwortet er, was wir erstmal nicht verstehen. "Such big eyes" ergänzt er und wir begreifen: eine Eule. Die soll es zahlreich hier geben, was sich durch die Rufe aus mehreren Richtungen bestätigt. "Owls to Athen" sagen wir noch, aber das kapiert er anscheinend nicht.

Als wir später auf unserem Freisitz unseren besinnlichen Abend verbringen, springt Heidi plötzlich auf und breitet die Arme aus: "Da war sie, so groß!" und meint das war die vorbeifliegende Eule. Ich habe dagegen nichts gesehen, wahrscheinlich habe ich gerade wieder Wein nachgeschenkt.

Montag, 3.5.: Hitzemarsch nach Eretria

Wir haben herausbekommen, daß es für unsere 5 L Kanisterflasche 500 Drachmen Pfand zu kassieren gibt, wenn man sie zurückbringt. Das erfordert einen Marsch mit prallem Rucksack nach Eretria. Das Ehepaar aus Unna hat uns gesagt, daß ganz oben am Hang entlang ein wunderschöner Weg entlang führen soll. Das wollen wir nun ausprobieren, wenn auch die Sonne es heute reichlich gut meint.

Natürlich geraten wir erst einmal wieder in eine Sackgasse bis hinauf zu einer Kapelle, aber dort geht es nicht weiter und wir müssen wieder den ganzen Weg zurück. Immerhin sichten wir auf diesem Weg eine Orchidee, die einzige auf dieser Reise. Also auf einem anderen Weg hinauf, und es dauert lange, bis wir eine entsprechende Abzweigung finden. Es kommt uns ein Mann mit Einkaufstaschen entgegen, der spricht englisch und erklärt, daß er gerade aus Eretria käme. Er redet allerdings davon, daß man noch zwei Kilometer auf der Landstraße laufen müßte. Optimistisch wie wir sind, glauben wir das nicht so ganz und machen uns auf den Weg. Der ist natürlich sehr schön, so hoch oben mit Blick über die See hinüber zu den Bergen des Festlandes. Nur die Hitze macht uns zuschaffen.

Als wir einen asphaltieren Weg erreichen, besteht Heidi darauf, diesen anstatt des zweifelhaften Weges am Hang zu nehmen. Und bald geht es bergab, wir sehen eine überfahrene Schlange, die gibt es also doch wirklich. Aber dann kommen wir - das hat man ja befürchtet - genau an der Stelle am Strand raus, wo man über das Rattenloch klettern muß. Es findet sich aber auch ein Loch im Zaun, das geht einfacher. Trotzdem haben wir nach mehr als zwei Stunden Fußmarsch erst gerade den halben Weg bis Eretria zurück gelegt und müssen nun den Rest auf dem bereits bekannten häßlichen Fahrweg an der Küste entlang laufen. Das und die Hitze heben die Stimmung nicht besonders.

Heidis Wandersandalen drücken wieder und mich piekt der Sand unter den Fußsohlen. Aber es geht alles mal vorbei und wir erreichen einigermaßen erschöpft unser Ziel. Endlich werden wir den liebevoll transportierten 5 l Kannister wieder los. Neben dem Supermarkt befindet sich ein Gemüseladen. Dort kann man sich Wein in Wasserflaschen abfüllen lassen. Probieren wir das doch einmal, und schon haben wir wieder einen prallen Rucksack.

Zurück nehmen wir natürlich den Bus, haben aber noch eine weitere Schandtat vor und steigen beim Hotel Miramar aus, um dem Kaufmannsladen einen Besuch abzustatten. Dort kann man nämlich Geld zu einem günstigeren Kurs als im Hotel umtauschen. Da haben wir uns aber geschnitten. Angesichts unseres prallen Rucksacks fertigt uns der Ladeninhaber mit der Feststellung ab: "You buy your soap in Eretria, this is no bank". Soll wohl heißen, wenn wir hier nichts kaufen, will er auch kein Geld tauschen. Dann soll er es lassen, nur daß wir mit unseren schmerzenden Füßen und dem prallen Rucksack nun auch noch bis zu unserem Hotel zurück laufen müssen.

Selbstredend, daß wir für den Rest des Tages die Füße hochlegen. Nach diesem anstrengenden Marsch glaube ich einen günstigen Zeitpunkt gefunden zu haben, für den nächsten Tag eine Solotour anzukündigen. Als ich meinen Plan dem Ehepaar W. erzähle, kommen wir überein, daß Herr W. mich begleiten wird und die beiden Damen einen Ruhetag einlegen.

Es bleibt noch zu vermerken, daß wir während unseres beschaulichen Tagesausklangs feststellen, daß der Abfüllwein doch nicht ganz so gut mundet wie der aus dem 5 l Kannister.

Dienstag, 4.5.: Bergtour

Wir stehen zeitig auf und finden uns um punkt 7 Uhr zum Frühstück ein. Während sich die beiden Damen am Pool verabreden, machen wir Männer uns auf den Marsch, der bergwärts führen soll, denn die knapp 1000 m hohen Bergkämme üben schon einen gewaltigen Reiz aus.

Auf schon bekanntem Weg geraten wir an die Abzweigung nach Eretria von gestern, und steigen nun weiter hoch, bis hinter den letzten Anwesen der Weg endet. Dafür findet sich ein trockenes Bachbett, in dem man über Geröll und mannshohe Felsstufen hinauf steigen kann. Das macht Spaß, fast schon alpin zu nennen. An einer Stelle finden wir ein merkwürdiges Vogelnest, ähnlich einem Schwalbennest, aber größer und wie aus Zement. Außerdem führt eine kleine Eingangsröhre hinein.

Wir erreichen dann einen Querweg, den man auch von unten sehen konnte, der führt uns zu einer Art Paß. Natürlich hat man nun eine wunderbare Aussicht über das Land unter einem. Ein Kuckuck fliegt rufend vorbei, den erkennt man an seinem langen Schwanz. An der Paßhöhe mündet ein Weg von Eretria herauf, ein weiterer führt hinauf zu einem Berg mit einer Sendestation. Vor uns liegt eine kleine Ansiedlung, die heißt Gerondas, wie uns Dimitri bereits angekündigt hatte.

Gerondas
Dort soll es eine Kapelle mit einem Brunnen geben. Wir steigen aber weiter bergan. Man hat nun einen weiten Blick in das Landesinnere, leider ist es recht diesig, so daß man von den höheren Bergen weiter hinten wenig sieht. Zum anderen wandert man hier durchweg durch verbrannten Wald und das ist auf die Dauer nicht so erbauend. Es hat wirklich gründlich gebrannt, kein Baum ist verschont worden. Wir schätzen das Alter der Kiefern auf annähernd 100 Jahre, was auch das Nachzählen von Baumringen bestätigt. Kleinere Büsche treiben nach dem Brand wieder aus, aber für die Kiefern besteht wohl wenig Hoffnung.

Ziemlich weit oben erreichen wir zwei abgestellte Steinbruchfahrzeuge. Ein noch frisch aufgeschobener Weg führt noch weiter hinauf, endet aber irgendwann unvermittelt. Wegen der Schlangen sollte man besser nicht durch freies Gelände steigen. In der Hoffnung daß wir uns kurz unterhalb des Bergkammes befinden, steige ich dennoch ein wenig weiter. Doch bald kehre ich wieder um, die Orientierung ist zu unzureichend und man muß um die verkohlten Baumleichen herum kraxeln. Außerdem finde ich den wartenden Herrn W. auf und ab gehend wieder, es ist wegen der Bremsen nicht angeraten, stehen zu bleiben oder sich gar hin zu setzen.


Rätselhaftes Gerippe

Es bleibt nichts anderes zu tun, als den gleichen Weg zurück zu nehmen. Schließlich befinden wir uns wieder in dem Bachbett, wo wir nun ein Tiergerippe finden. Bemerkenswert ist, daß sich auf dem skelettierten Rückgrat knapp spannenlange Kammknochen befinden. Wir tippen also zunächst (nicht ganz ernst gemeint) auf einen Saurier, den Euböächus oder so. Dann verfallen wir auf die Reste eines Bären, die haben doch auch so einen Buckel. Außerdem soll es im Bergland noch vereinzelt Bären geben. Die endgültige Lösung wird aber wohl sein, daß es sich um eine Ziege gehandelt hat. Auf dem weiteren Abstieg kann man beobachten, daß sich der Bach im Gelände verliert und wohl nie das Meer erreicht.

Ein Abenteuer gilt es noch zu bestehen, indem wir das eingezäunte Anwesen mit den gefährlichen Hunden passieren, wo Heidi und ich am ersten Tag Reißaus genommen haben. Unter Männern ist man mutiger und wir kommen heil vorbei. Nach 5 Stunden sind wir wohlbehalten wieder unten. Zwischen den Zehen habe ich mir allerdings eine Blase gelaufen - wo gehobelt wird, fallen Späne. Dazu setzt man das Schweizer Taschenmesser als Operationsbesteck an und die Sache ist bald wieder behoben.

Mittwoch 5.5.: Noch mal nach Chalkis

Der Urlaub neigt sich seinem Ende zu und der Unternehmungsgeist läßt nach. Auf die erwähnte Fahrt an das Südende der Insel verzichten wir also, das ist sicher ein Fehler, aber man kann nicht alles haben. Weniger anstrengend ist noch einmal eine Busfahrt nach Halkida, das wir auch noch einmal bei Sonnenschein erleben wollen. Aus der Busfahrt wird allerdings nichts, denn der fährt 10 Minuten zu früh und wir sehen ihn gerade abrauschen, als wir um die Ecke kommen.

Während wir ratlos an der Straße stehen fährt ein Taxi vor. Vergeblich versuchen wir, den Fahrer abzuwimmeln. Er macht allerdings ein günstiges Angebot "Special price" - so fahren wir mal mit dem Taxi nach Halkida. Bei dem guten Preis ist sogar ein Trinkgeld drin. Mehr zu erzählen gibt es eigentlich nicht, wir bummeln herum und schießen noch ein paar Photos. Bald sitzen wir wieder im Bus und fahren zurück zum faulenzen.

Donnerstag, 6.5.: Noch mal nach Amarindos

Es ist der letzte Tag, deshalb schlendern wir ohne Hektik noch einmal auf dem Strandweg nach Amarindos. Wir beobachten einen Mann, der mit einem dreieckigen Spaten im seichten Wasser zwischen den Steinen herum stochert. Um die Hüfte hat er eine Tasche gebunden, in der er seine Ausbeute sammelt. Wir laufen aber weiter, ohne der Sache auf den Grund zu gehen. In Amarindos machen wir noch ein paar Besorgungen, bevor wir den gleichen Weg zurück gehen. Der Mann stochert noch immer im Wasser herum. Nun bleiben wir stehen, darauf kommt er auf uns zu und zeigt uns den Inhalt seiner Tasche. Es handelt sich um eine Art Würmer, die, wie wir erfahren, als Köder zum Fischen dienen. Wir können uns gut auf Englisch unterhalten und bekommen eine Zigarette angeboten. Wir haben es also mit einem Fischer zu tun, der sein Boot in Kimni liegen hat. Früher sei er "Seaman" gewesen, habe auch einmal in Hamburg gelegen. Heute habe er Familie und bleibe lieber im Lande.

Nun können wir gleich mal nach der sonderbaren Fischanlage zwischen Amarindos und Aliveri fragen. Davon hält er natürlich gar nicht viel, keine gute Qualität und so. Wir geraten anschließend ins Politische bezüglich des Kosovo-Krieges. "No war is good" sagt er und wir sind darin einer Meinung. Und Deutsche und Griechen seien ja heute Freunde. Und vergessen wir den Weltkrieg besser, wo das nicht so war. Also ein sehr offenes Gespräch und wir verabschieden uns per Handschlag.

Wir stellen plötzlich fest, daß es kalt geworden ist, kalte Fallwinde wehen von den Bergen. Da ist nichts mehr mit Pool und Strand. Aber es bleibt ja noch etwas zu tun, was das Ende eines jeden unserer Urlaube in südliche Gefilden wie das Amen in der Kirche abschließt: Heidi zieht mit Plastiktüte und offenem Taschenmesser ins Gelände auf der Jagd nach Pflanzen und Ablegern. Während ich zähneknirschend Schmiere stehe, wünsche ich nur, daß sie sich mal einen Skorpion dabei einhandelt. Weniger problematisch ist das Einsammeln von Mohnkapseln, mal sehen ob wir diesen dunkelroten Mohn in unserem Garten ansiedeln können.

Abschließend werden die Sachen gepackt und den besinnlichen Abend können wir heute leider wegen der Kälte (Balkantief laut Bildzeitung) nicht draußen verbringen. Auch von unseren Schwalben müssen wir Abschied nehmen, hoffentlich bringen sie ihre Brut gut durch, aber es sieht ganz danach aus.

Freitag, 7.5.: Akropolis

Wir werden sehr zeitig abgeholt (5.50), diesmal mit einem Bus für gerade mal 8 Mitfahrer. Und es gibt noch zwei Überraschungen: wir fahren über die Hängebrücke in Chalkis, dann über die Autobahn und nähern uns dem endlosen Athen. Irgendwann erkennen wir die Akropolis, und schon - wer hätte es gedacht - sind wir ganz dicht daran vorbei gefahren. So dürfen wir aus Griechenland heimkehren nicht ohne versichern zu können: "Wir haben die Akropolis gesehen!".


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