1.11.-16.11.2009
Planung
Alles weitere fädelt unsere Freundin Ilona
ein, die in einem
Reisebüro in Goslar tätig ist. Schriftverkehr und Telefonate
müssen allerdings
über unsere Tochter Annika abgewickelt werden, damit ich nichts
von allem merke. Das ist
schließlich gelungen – und auch die Überraschung perfekt. Zu
der Geburtstagsfeier kommen dann zudem noch einige
Überraschungsgäste aus Berlin,
Süddeutschland, Espelkamp, die Familienmitglieder aus England und
sogar ein Gast aus
Norwegen: nämlich unser Freund Terje, der die Fahrt nach
Deutschland mit einigen weiteren Besuchen und Touren verbindet. Nach dem all die Überraschungen verdaut sind, schauen wir uns
die Sache einmal genauer an. Es handelt sich um die in diesem Jahr
Anfang November letzte 12
tägige Flussreise des Veranstalters
Phoenix auf dem Yangtse plus
anschließend 4 Tagen Besichtigungen in Xian (Terrakotta-Armee) und Peking (verbotene Stadt und
Chinesische Mauer). Das
hört sich auf jeden Fall vielversprechend
an. Von den Buchgutscheinen zum Geburtstag wird also einer für
einen China-Führer von Baedeker versemmelt. Die Visa sind noch zu
besorgen, das klappt alles reibungslos. Ilona
und ihr Mann Achim bringen uns die Reisepässe sogar
persönlich vorbei. Anreise Sa. 31.10. Die Anreise sollte über Hamburg nach Frankfurt stattfinden, von
wo aus dann der 10 stündige Direktflug nach Shanghai startet. Das
haben wir in letzter Minute umgemodelt, weil es für uns bequemer -
wenn auch teurer - ist, mit der Bahn direkt nach Frankfurt zu fahren.
Gleiches gilt für die Rückreise. Nachdem uns die Kinder zum
Bahnhof gebracht haben - Enkelin Pauline ist ganz traurig, dass wir so
lange verreisen - sind wir nach bequemer Bahnfahrt nachmittags am
Flughafen Frankfurt. Dort ziehen wir uns in einer Ecke diskret die Stützstrümpfe an, die man
uns als Vorbeugung gegen Durchblutungsstörungen empfohlen hat. Der
Flieger (Boeing 747-400) startet
pünktlich gegen 18 Uhr. Da es bereits dunkel ist, hat man trotz
Fensterplatz nicht viel von der Aussicht. Obwohl dieses unser erster
Flug
in einem "Jumbo" ist, sind wir von den Platzverhältnissen doch
enttäuscht. Die Sitze in der Businessclass sind deutlich
bequemer, doch sind wir ja nur Economy
und es ist so beengt wie in den anderen Fliegern auch. Nach Einnehmen
des Bordimbiss und kurzem Schlummer ist
die Überraschung groß, als man lange Zeit später sich
bereits über der Wüste Gobi befindet, wo auch
die Sonne mittlerweile aufgegangen ist. Man ist ja dem Sonnenaufgang
entgegen geflogen und muss sich auf eine Zeitverschiebung von 7 Stunden
einstellen. Was man von der Wüste erkennen kann, sind unendliche
unwirtliche Sandflächen, wo wohl kein Mensch sein Auskommen finden
kann. Als wir in Shanghai ankommen, ist es bereits Sonntag, 1.11. gegen
12 Uhr mittags. Shanghai So. 1.11. Am Flughafen Pudong muss man sich zuerst den üblichen
Einreiseformalitäten unterziehen. Dazu gehört diesmal das
Ausfüllen eines Formulars über die gesundheitlichen
Umstände und evtl. Gebrechen des Einreisenden. Das geschieht wohl
wegen der weltweit grassierenden Schweinegrippe. Das Kontrollpersonal
ist dann auch folgerichtig mit Mundschutz versehen. Auch unter der
normalen Bevölkerung sieht man viele Leute mit einem Mundschutz.
Nach Erreichen der "Freiheit"
werden wir von einem örtlichen Führer erwartet. Der nennt
sich Eduard, diesen Namen
habe
ihm während seines Deutschstudiums sein Lehrer verpasst. Das
Gepäck wird gleich verladen und zu dem Schiff MS Yangtse-Victoria verbracht, mit
dem wir die Kreuzfahrt auf dem Yangtse unternehmen werden. An Bord
gehen können wir für eine Weile noch nicht, weil die
vorherige Gruppe gerade erst von Bord gegangen ist. Es gibt nun die
Möglichkeit, mit dem hier seit 2002 eingerichteten Transrapid
(Maglev) eine Hochgeschwindigkeitsfahrt zu unternehmen. Das darf
man
sich nicht entgehen lassen. 30 km werden in 7 Minuten
zurückgelegt, die Höchstgeschwindigkeit ist 430 km/h. Da
schaut man gebannt auf die Geschwindigkeitsanzeige, dass man den
entscheidenden Moment für ein Foto nicht verpasst. Von der
vorbeirauschenden Umgebung bekommt man so nicht viel mit. Allerdings
fährt dieses Gefährt keine Gewinne ein, sondern ist in hohem
Maße defizitär bei einer Auslastung von 20 Prozent, so ist
zu lesen. Der Bus, der uns zum Mittagessen bringen wird, braucht eine ganze
Weile länger, bis er uns am Ende der Transrapidstrecke
(Straße des Drachens) wieder aufnimmt. Während wir warten,
stellen sich schon die ersten Verkäufer ein, die einem Markenuhren
von Gucci oder Rolex andrehen wollen. Mit der
Echtheit dieser Produkte wird es bei den Schleuderpreisen wohl nicht
weit her sein. Auf der Fahrt zum Speiserestaurant darf man sich nun
über die Stadtautobahnen wundern, die z.T. 8-spurig und an
Knotenpunkten mit bis zu 4 Rampenebenen übereinander angelegt
sind. Die Strecke führt an ausgedehnten Hochhausvierteln vorbei,
die Einwohnerzahl von Shanghai beträgt knapp 14 Mio.
Oftmals sind die ursprünglich existierenden Siedlungen mit
verwinkelten Häuschen und Gässchen für die
Neubaukomplexe der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Die zu den
höchsten Gebäuden unserer Erde zählenden Wolkenkratzer
werden wir noch später besuchen. Zunächst machen wir Bekanntschaft mit dem ersten Restaurant
unserer Reise. Dort gibt es eine Anzahl Speiseräume, in
denen man gruppenweise zu je etwa 8 Personen an runden Tischen
platziert
wird. Auf den Tischen befinden sich drehbare Glasscheiben, auf denen
reihum die Speisen serviert werden. Jeder darf sich von den
chinesischen Gerichten nehmen, was und wie viel er möchte, sofern
für die anderen auch noch etwas übrig bleibt. Nun fahren wir endlich zu unserem Schiff. Der Weg vom Bus dorthin
ist gesäumt von rotgekleideten Mitgliedern des Schiffspersonals,
die alle freundlich begrüßt sein wollen. Vor dem Schiff wird
sogar Musik gemacht und eine Gruppe hübscher Mädchen in
chinesischen Kostümen tanzt zur Begrüßung (das zweite
Mädchen von vorn wird unser Tischmädchen sein). An Bord
werden heiße Tücher und ein Tee gereicht, sowie mit dem
Spruch empfangen: "Willkommen zu Hause". Nach dem Einrichten in den
Kabinen und einem kurzen Nickerchen geht es zum Abendbuffet, wo die
Tischrunde für die nächsten 12 Tage zusammengestellt wird.
Danach ist noch eine Lichterfahrt durch das nächtliche Shanghai
angesetzt, zu der wir uns nach der langen Anreise aber nicht mehr
fähig fühlen. So schlummern wir bereits kurz nach 20 Uhr. Wie
uns später berichtet wird, ist die Lichterfahrt ein grandioses
Ereignis gewesen - aber alles kann man nicht haben. Shanghai Mo. 2.11. Wenn man sich schon einmal in der Stadt Shanghai befindet, muss noch
ein Irrtum meinerseits aufgeklärt werden. Ich dachte immer, unter
dem Wort "shanghaien" verstehe
man die Seemannsstrafe des Kielholens.
Dem ist nicht so, mit shanghaien meint man das gewaltsame "Anwerben"
von Seeleuten, indem man volltrunkene oder hilflose Individuen in der
Hafengegend einsammelte, sie unter Deck verbrachte und erst auf See
über ihr Schicksal als Arbeitskraft an Bord aufklärte,
praktiziert im 18. und 19. Jahrhundert. Damit unterliegen wir heute
dieser Gefahr nicht mehr, wobei zu hoffen ist, dass man auch nicht als
hilflose Person in der Hafengegend landet. Hilflos ist dagegen heute am
Montag morgen unser Bus auf dem Weg in das Stadtzentrum, der sich in
dem Verkehrsgewühl kaum noch bewegen kann. Damit ist die Ansicht
wiederlegt, dass China hinsichtlich des Autoverkehrs
rückständig sei. Wir werden später noch einmal auf das
Thema zurück kommen (Peking). Es muss also umdisponiert werden und wir fahren zunächst den Jadebuddhatempel an. Über die
historischen Hintergründe wollen wir uns hier und in Zukunft nur
knapp äußern, denn weiteres steht alles in den
Reiseführern oder im Internet. Diese Tempelanlage ist noch nicht
so alt und hat
ihren Ursprung um 1880, als zwei Mönche zwei Jadefiguren aus Birma
hierher verbrachten, um die man dann ein Kloster herum gebaut hat. Zur
Zeit der Kulturrevolution waren diese Figuren in Gefahr, als Symbole
des Feudalismus durch die roten Garden zerstört zu werden. Da
haben die pfiffigen Mönche die Türen mit Mao Bildnissen
zugeklebt, was die marodierenden Gesellen am Eindringen hinderte, denn
dazu hätten sie die Mao Konterfeis zerstören müssen, was
sie dann nicht gewagt haben. Im Inneren des Klosters wird der übliche Schnickschnack
getrieben, wie wir ihn auch von Wallfahrtsorten in unseren Breiten
kennen: offene Feuer, Räucherstäbchen, Wunschfahnen,
Geldopfer (aus falschem Geld) und Lampions. Aber alles sehr chinesisch,
auch die Besucher!
Nachdem wir wieder im Bus sind, schwirrt uns schon der Kopf
einigermaßen. Nächste Station ist nun die Altstadt mit dem
Teehaus Hu Xin Ting. Das ist
so von Menschen umlagert, dass sich kaum
ein anständiges Foto schießen lässt. Das Teehaus ist
nur über eine Zickzackbrücke zu erreichen, die böse
Geister von dem Passieren derselben abhalten soll. Trotzdem haben hier
wohl schon viele illustre Gäste ihren Tee geschlürft. Es ist
dort drinnen entsprechend teuer, und deshalb bleiben wir lieber
draußen und wenden uns dem Yuyuan-Garten
zu. Dieser Garten wurde vor etwa 400 Jahren angelegt und weist
spektakuläre Steingebilde, Teiche, hübsche Pavillons und alte
Bäume auf wie Ginkgo, Buchsbaum oder Magnolien. Auf verschlungenen
Wegen ergeben sich immer wieder neue Ansichten - so ist zu lesen - und
so
ist es auch in Wirklichkeit. Im Anschluss daran werden wir in eine
Seidenmanufaktur abgeführt. Einige Arbeitsgänge der
Seidengewinnung aus den Kokons der Seidenraupen werden demonstriert. Am
wichtigsten ist natürlich der Verkaufsraum, wo man Blusen,
Krawatten und Gewänder, aber auch Oberbetten - alles aus Seide -
erstehen kann. Die Oberbetten werden gleich als Presspackung
platzsparend eingetütet, damit man sie gut dem Handgepäck bei
der Rückreise hinzufügen kann. Einige aus unserer Gruppe hat
bereits hier der erste Kaufrausch gepackt. Es folgt noch ein halbstündiger Bummel durch die
Ladenstraßem, wobei man aufpassen muss, die Orientierung nicht zu
verlieren und zum Bus zurück zu finden. Nachdem das
überstanden ist, geht es weiter zum Wirtschafts- und Finanzzentrum
Pudong, wo jene mächtigen
Wolkenkratzer stehen, die architektonisch allerdings bemerkenswert
gestaltet sind. Eines der höchsten Gebäude ist der Jin Mao
Tower mit 420,5 m Höhe. Wir erhalten die Möglichkeit,
zur
Aussichtsetage im 88. Stock hinauf zu fahren. Von dort hat man dann
einen einzigartigen, wenn auch dunstigen Blick auf den Häuserwald,
die benachbarten Hochhäuser und die Baustellen ringsum. Im
nächsten Jahr soll hier die Weltausstellung bzw. Expo am Bund (Promenade am Fluss Huangpu) stattfinden, und
dafür wird natürlich kräftig gebaut. Nebenan ist ein
Wolkenkratzer, der noch höher ist als der Jin Mao Tower,
fertiggestellt im August 2008. Das ist das Shanghai World Financial Center und
492 m hoch. Man nennt dieses Gebäude den Flaschenöffner, weil
sich an der Spitze des Gebäudes ein rechteckiges Loch befindet.
Zitiert aus Wikipedia: Ursprünglich
hatte der Architekt eine Kreisrunde Öffnung vorgesehen, was aber
als japanisches Kolonialsymbol angesehen wurde.
Angesichts des "Waldes" von Hochhausbauten fragt man sich, wozu die
alle gebraucht werden. Neben Geschäfts- und Büroräumen
dienen viele natürlich auch dem Wohnen. Man kann
Eigentumswohnungen erwerben oder sich einmieten, irgendwo müssen
die Menschen aus den platt gemachten ehemaligen ebenerdigen
Wohngebieten ja bleiben. Der Vergleich von "Bodenhaltung" und "Käfighaltung" drängt sich
auf, aber hier handelt es sich ja nicht um Federvieh. Wenn man eine
Immobilie als Eigentum erwirbt, so gilt das nur für 70 Jahre,
außerdem gehört aller Grund und Boden in ganz China dem
Staat. Unter diesen Voraussetzungen lässt es sich seitens der
Regierenden wohl gut
"planen". Im Inneren der Aussichtsetage gibt es noch zwei Attraktionen.
Durch eine Glasscheibe hat man einen Einblick in das höchste
Hotelfoyer der Welt (Grand Hyatt Hotel),
das sich vom 53. Stock bis hier oben erstreckt. Trotzdem wird man
dort unten keine Sterne sehen. Nun gibt es noch einen Stand hier oben,
wo lebende Zuchtaustern
geöffnet und Perlen entnommen werden. Diese kann man sich sogleich
zu einem Ohrclip oder Anhänger weiterverarbeiten lassen. Zum
Glück muss man die Austern nicht auch noch essen. Wieder unten
angelangt gibt es eine lebensgroße Figur zu bestaunen, die
dort eingerahmt von rot-weißen Absperrbändern auf einem
Podest steht. Das ganze ist ständig umlagert von fotografierenden
Frohnaturen. Wie man erfahren kann, handelt es sich um den beliebten
chinesischen Schauspieler Jackie Chan,
aber bis der sich bewegt, kann man lange warten. Um diesen Ausflug in
die Gigantomanie
abzuschließen, kann man sich noch für das
Projekt gleich nebenan interessieren. Dort ist das
allerhöchste Gebäude im Bau: der Shanghai Tower mit geplanten 632
Metern Höhe. Das äußere Design weist eine leicht
schraubenartige Fassade auf, so wird man gleich neben dem
Flaschenöffner dann auch einen Korkenzieher
haben. Irgendwie
erinnert einen das alles dann doch an den Turmbau zu Babel. Wir sind froh, als wir wieder auf unserem überschaubaren Schiff
sind, das gegen 17 Uhr ablegt. Für uns Gäste kann nun der
Urlaub beginnen, so heißt es. Yangzhou, Di. 3.11. Nach einer Nachtfahrt und kühler Schlafruhe (es zieht vom
Fenster her) erreichen wir morgens die Stadt Yangzhou. Als Stadt gilt in China
nur eine Millionenmetropole, hier sind es 4.5 Millionen Einwohner. Man
startet mit zwei Bussen. Unser Reiseführer heißt Willi. Er sei einmal in Deutschland
gewesen, und habe den Namen von seiner Gastfamilie erhalten, weil er
durchaus eine Ähnlichkeit mit dem Willi von der Biene Maja
aufweise. Ein anderer Reisebegleiter ist der Bordfotograf, dessen Namen
wir am besten mit "Guckemal"
festlegen. Er wird Bilder und einen
Videofilm aller Ereignisse zusammenstellen. Der erste Stop ist am sog. Kaiserkanal,
der
auf 1800 km Länge von Peking zum Yangtse führt bzw. umgekehrt
und vor mehr als 600 Jahren angelegt wurde. Hier wurde Reis, Seide, Tee
und Salz transportiert, was den anliegenden Städten zu
großem Wohlstand verhalf. Uns wird eine Geschichte erzählt,
dass ein Kaiser auf diesem Wege auch seinen Vorrat an Konkubinen
ergänzt habe. Damals hat man sich noch durch treideln fortbewegt.
Heute hat der Kanal seine wirtschaftliche Bedeutung weitgehend
verloren. Bei diesem ersten Photostop hat man von einer Brücke aus
einen schönen Blick auf eine Pagode am Kanal. Auf der Weiterfahrt kann man das Leben auf den Straßen
verfolgen. Hier herrscht auf separaten Fahrspuren ein reger
Zweiradverkehr, viele Fahrräder mit Elektroantrieb oder einfache
Motorroller. Es werden mit diesen Gefährten manchmal
abenteuerliche Lasten transportiert. Sturzhelme sieht man kaum,
zuweilen sitzt sogar ein kleines Kind vor dem Fahrer fast auf der
Lenkstange - bei uns aus Sicherheitsgründen undenkbar. Wir kommen
zu dem bekannten Westsee Park,
"der die chinesische Gartenkunst mit vielen kleinen Brücken
wiederspiegelt". Vor einer Schautafel wird der Weg erklärt, hoffen
wir, dass alle auf eigene Faust den Weg zum Bus am Ausgang des Parks
finden werden. Reizvolle Ausblicke, Pavillons und eben viele
Brücken. Bald schon stehen wir vor einem blühenden Busch,
dessen Name keiner weiß. Schließlich kann man eine Rast
einlegen und in der Sonne die Aussicht auf sich wirken lassen. Natürlich wird eifrig fotografiert, vor allem die zahlreichen
chinesischen Besucher tun sich darin hervor. Denen scheint es vor allem
darum zu gehen, sich gegenseitig vor einem reizvollen Hintergrund zu
fotografieren, manchmal mit Händen an der Hosennaht und todernstem
Gesichtsausdruck. Da müssen wir vielleicht noch dazu lernen. Wir
fahren dann zum Essen in ein ansprechendes Restaurant. Die Küche
dieser Gegend bevorzuge mehr süße Speisen, und das habe den
Gästen immer gut gefallen. So ist es auch bei uns, hier bekommen
wir wohl die leckersten Gerichte der ganzen Reise. Ein weiterer Fotostop am Kanal. Dort liegen am gegenseitigen Ufer
zwei alte Salzkähne. Eine Frau wäscht im Kanalwasser ihre
Wäsche. An der Ufermauer ist ein riesiges Bronzerelief zu
bestaunen, das das ehemalige Leben am Kanal dokumentiert. Die
nächste Station ist das Zen-Buddhistische
Daming Kloster. Hier gab es im Jahre 753 n.Chr. einen Mönch
namens Jian Zhen, dem es nach
vielen Widrigkeiten gelang, nach Japan zu reisen und dort einen Teil
chinesischer Kultur zu überbringen. Durch Gegenbesuche japanischer
Mönche gelangten wiederum japanische Kulturelemente nach Yangzhou.
Wie uns mitgeteilt wird, ist das chinesisch-japanische Verhältnis
heutzutage immer noch ein Problem, weil sich die Japaner noch nicht
für die von ihnen verübten Kriegsgreuel gegenüber China
in div. Auseinandersetzungen entschuldigt hätten. Auf dem Klostergelände befindet sich auch die hohe Qin Pagode, die von einigen
Unentwegten bestiegen werden kann. Zurück an Bord erwartet uns heute der offizielle Willkommens
Cocktail des Kapitäns Deng Li
Yang. "Leichte Eleganz" wird als
Kleidung empfohlen. Zu diesem Anlass erscheinen tatsächlich die
Mehrzahl der Gäste in Schlips und Kragen, zum Glück haben
auch wir ein Jackett dabei. Die Übersetzung der
Kapitänsansprache erledigt Reiseführer Han. Es wird dazu Sekt
- oder ist es Champagner? - gereicht und ein paar Häppchen vom
Buffet angeboten. Am späteren Abend werden im Salon von etlichen
Besatzungsmitgliedern "Kostüme und Trachten aus diversen
Dynastien" bis hin zu moderner Kleidung präsentiert. Nicht ohne
den Hinweis, dass man derlei Kleidungsstücke auch an Bord erwerben
könne. Die Vorführung findet auf erfrischend natürliche
Weise statt und hat nichts mit dem zu tun, was man mancherorts als
Folkloreveranstaltung im Rahmen eines Animationsprogramms vorgesetzt
bekommt. Nanjing, Mi. 4.11. Zwischendurch sei bemerkt, dass man zu jedem Tagesprogramm am
Vorabend eine schriftliche Ankündigung mit Erläuterungen zu
den geplanten Besuchen bekommt. Das ist vor Ort und besonders im
Nachhinein sehr nützlich, damit man die vielen Ortsnamen und
Besichtigungsstätten noch auf Reihe bekommt. Nun haben wir nach
einer weiteren nächtlichen Flussfahrt in der Provinzhauptstadt Nanjing oder auch Nanking angelegt, Einwohnerzahl
c.a. 6 Millionen. Der Name Nanjing bedeutet "Südliche Hauptstadt",
und so war die Stadt zeitweise Hauptstadt von China, heute ist es
Peking (Nördliche Hauptstadt). Wir fahren zeitweise an der gut erhaltenen bzw. wieder instand
gesetzten Stadtmauer entlang zum Lingu
Tempel mit einer Pagode und der Wuliang Halle, einem steinernen
Tonnengebäude. Dort sind historische Szenen nachgestellt, die vor
allem die Gründung der Republik mit der Revolution 1911 und das
Ende der kaiserlichen Dynastien behandeln. Später im Jahr 1937 hat
dann in der Stadt Nanking das fürchterlichste Massaker durch die
Japaner mit 300 000 Opfern stattgefunden (im Baedeker steht 70 000,
bei Wikipedia 200 000). Deswegen die anhaltende Aversion gegen die
Japaner! Auf dem Weg zum Dr. Sun Yatsen
Mausoleum passiert dann die Sache mit der Katze. An einem
Verkaufskiosk sitzt eine jämmerlich wimmernde Katze in einem
verschnürten Sack. Das ist nichts für meine liebe Ehefrau.
Sogleich beschwert sie sich bei Reiseführer Willi, da müsse
doch sofort etwas geschehen. Ob man die Katze womöglich verspeisen
wolle? Derlei Vorurteile und Gerüchte, auch was das Verspeisen von
Hunden betrifft, grassieren ja unausrottbar in den Köpfen von uns
"Langnasen". "Katzen schmecken nicht" meint unser Willi. "Woher
weißt du das?" fragt Heidi aufgebracht. "Dann musst du ja wohl
schon welche gegessen haben!" Allmählich kann Willi, dem die Sache
sichtlich peinlich ist, sie beruhigen. Man habe die Katze eingefangen
und wolle sie mit nach Hause zum Mäusefangen nehmen. Lässt
sich aber nicht nachprüfen. Immerhin gibt es den viel zitierten
Spruch des Mao-Nachfolgers Deng Xiao
Ping (der kleine Mann): "Es ist egal, ob eine Katze schwarz oder
weiß ist, Hauptsache sie fängt Mäuse". Gemeint war
damit die Öffnung des sozialistisch kommunistischen China der
westlichen Welt gegenüber auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Erfolge
jener Politik haben wir ja in Shanghai gesehen. Also trösten wir
uns damit, dass eine Katze doch in erster Linie zum Mäusefangen
taugt. Der Aufgang zu dem Mausoleum besteht aus einer langen Treppe mit 392
Stufen. Das schreckt einige ab, die bleiben lieber unten. Doch so
schlimm ist es gar nicht, bei gemächlichem Aufstieg braucht man
gerade 5 Minuten. Dort oben ist also jener Dr. Sun Yatsen, der "Vater
der Republik" in einem weißen Marmor-Prachtbau beigesetzt. Es ist
aber paradox, dass nach Abschaffen der kaiserlichen Herrschaft diese
Stätte einer kaiserlichen Präsentation gleich kommt und zum
anderen ganz in der Nähe sich das Grab des ersten Ming-Kaisers Hongwu (1328-1398) befindet. Nach dem Mittagessen werden wir für zwei Stunden im
Bummelzentrum von Nanking abgesetzt. Es gibt eine farbenfrohe belebte
Einkaufsstraße am Nanjing Kanal. Die "Hallo-Läden" befinden
sich in den engen Seitengassen. Heidi lässt sich auch prompt mit
vermeintlich echten Perlenketten übers Ohr hauen. Aber das
gehört auch dazu. Es gibt auch einen Konfuziustempel, in den wir
aber nicht hinein können, weil unser letztes Geld für heute
aufgebraucht ist.
Endlich sind die zwei Stunden vergangen und die Mitreisenden
verkünden stolz, was sie alles erworben haben. Flusstag,
Do. 5.11. Auf der Fahrt nach Jiujiang
sind wir endlich den ganzen Tag auf dem Schiff ohne Landprogramm. Das
Wetter spielt mit, es ist zwar meistens dunstig, doch die Sonne
wärmt und der Kälteeinbruch vom Wochenende ist vorbei. So
kann man gemütlich an Deck die vorbeigleitenden Ufer betrachten,
hin und wieder nach dem Fernglas greifen und links und rechts der
Reling nach dem Rechten schauen. Was wir vermissen sind
Wasservögel, die durch die Industrieansiedlungen und
womöglich auch durch die Wasserqualität das Nachsehen haben. Gegen Mittag erhalten wir die Möglichkeit, die
Kommandobrücke zu besichtigen. Man ist doch etwas überrascht,
welcher einfachen Technik man sich hier bedient. Zwar hat man
Radarüberwachung, doch kann man auf einen Beobachter nicht
verzichten, der mit den passierenden Schiffen per Handzeichen
kommuniziert. Nachts übernimmt der Kapitän das Kommando und
wir vertrauen weiterhin der Fähigkeit und Navigationskunst der
Mannschaft. Bleibt einem ja auch nichts anderes übrig. Zu diesem Thema wird von Reiseführer Willi noch eine
haarsträubende Revolverstory erzählt. Vor Jahren habe mal
eine bekannte deutsche Reiseagentur eines der am schlechtesten
bemannten und ausgerüsteten Schiffe auf dem Yangtse gechartert.
Das sei dann auch prompt auf einer Sandbank aufgelaufen und halb
abgesoffen. Die Reisegäste hätten dafür eine kostenlose
Probe des Yangtse-Champagners genießen dürfen. Nichts sei
davon an die Öffentlichkeit gelangt, und mittlerweile habe jene
Firma das zweitschlechteste Schiff engagiert. Lässt sich leider
auch nicht nachprüfen! Es werden weiterhin tagsüber einige Vorträge im Salon
angeboten
wie "China, Land und Leute"
oder "Die Kunst der Hinterglasmalerei",
"Seidenstickerei" oder "Aufzucht und Verarbeitung der
Süßwasserperlen". Diese Vorträge
schwänzen wir lieber, an Deck ist es viel interessanter. Es gibt
zudem auch einen Raum mit einer Büchersammlung. Dort habe ich das
Buch "Sonjas Rapport" von Ruth Werner
alias Ursula Ruth Kuczynski gefunden.
Es handelt sich um die Biographie einer Frau, die vor und während
des 2. Weltkrieges in Diensten der sowjetischen Geheimdienste als
Berichterstatterin tätig war. Entscheidend aber ist: die ganze
Sache beginnt in Shanghai, und man erfährt manches über die
Lebensumstände jener Zeit, die noch recht kolonial geprägt
war. Außerdem hat jene Dame dort eng mit einem der
berühmtesten Spione zusammen gearbeitet, und das war Richard Sorge. So hat man wirklich
etwas fesselndes zu lesen, und als es ausgelesen ist, wird es gleich
oben auf den Lesetisch gelegt, damit der nächste auch noch etwas
davon hat. Nun sind wir am Abend und die Nacht durch immer noch auf Fahrt, die
ja schließlich erst nach 3200 km enden wird. So trifft es sich
gut, dass heute ein "Bierabend" angesetzt ist, wo es nach zwei Bierchen
ein drittes umsonst gibt. Da gibt es kein Problem. Jiujiang, Lushan Gebirge, Fr. 6.11. Nun
gibt es die Möglichkeit, auf festen Wegen durch eine
Felslandschaft zu wandern. Wer das Auf und Ab weniger liebt, kann
einmal um einen kleinen See herum spazieren und auf die warten, die
zünftiger unterwegs sind. So zünftig ist das dann auch wieder
nicht, denn man marschiert im Gänsemarsch inmitten der
Touristengruppen von Klippe zu Klippe. Auf deren Spitzen ist durch rote
Markierungen angezeichnet, ab wann man bei einem Foto keinen Schritt
rückwärts mehr machen darf. An einigen ebenen
geräumigeren Plätzen finden sich wieder Verkaufsstände,
Grillplätze und Opferstätten. An einem Geländer sind
hunderte von Vorhangschlössern mit roten Wunschfähnchen
angebracht. Damit der Wunsch auch in Erfüllung geht, besitzen die
Vorhangschlösser kein Schlüsselloch. Auf dem Rückweg
passieren wir einen eher langweiligen Bonsaigarten und finden uns
schließlich im "**** Lu Shan Xi
Hu Ministry of Railways Hotel" ein. Trotz der vier Sterne haben
wir hier das schlechteste Essen bekommen, nach der ersten Portion
knorpeligen Rindfleisches haben die weiteren Gerichte auch nicht mehr
geschmeckt. Wir
besichtigen nun noch die Villa von Chiang
Kaishek, der hier oben fernab vom aktuellen Geschehen zu
verweilen beliebte. Auf die Frage, wie denn der immer noch vor Ausbau
der Straße hier herauf gekommen sei, heißt es: in einer
Sänfte. Ob das nun wieder stimmt? Nun kann man die Wohn- und
Arbeitsräume besichtigen oder sich auf dem Balkon in einer
geliehenen Militäruniform fotografieren lassen. Zum Abschluss
dürfen wir noch eine Weile in der Ladenstraße von Guling
bummeln. In einem kleinen Park gibt sich die Bevölkerung allerlei
Spielen hin, vor allem wohl dem Mahjongg. Wuhan, Sa.
7.11. Es
gibt auch ein wassergefülltes Steinbassin, in dem sich
Schildkröten langweilen. Und gerade leert einer der Besucher aus
einer Plastiktüte ein plumpsendes Etwas aus, das sich paddelnd der
wartenden Gesellschaft zuwendet. Diese Geste mag auch dem weiteren
Lebensheil zuträglich sein. "Werden die auch gefüttert?"
fragt einer unser Mitreisenden (Micha) mit schreckensweiten Augen. Aber
ja, Futter könne man am Eingang erwerben, auch das sei dem
weiteren Lebensergehen des Spenders zuträglich. Nun geht es weiter in einen Bonsai-Garten und in eine
Ausstellung von seltsamen Steinen, die man aus ganz China
zusammengetragen hat. Als Erläuterung steht für uns unlesbar
eine Inschrift in chinesischen Schriftzeichen dabei und, lesbar: "Odd
Stone" an den Ausstellungsstücken. Weiter geht es, immer weiter. An der Promenade am Yangtseufer gibt
es einen Park, in dem Monumente und Skulpturen die Gefahren der
Wassermächte und deren Bewältigung präsentieren. Gleich
daneben befindet sich die zweistöckige Eisenbahn- und
Straßen-Brücke von 1957. Vor deren grauen Pfeilern
lässt sich gerade ein Hochzeitspaar ablichten. Fragt man sich:
gibt es keinen schöneren Hintergrund? Aber vielleicht spielt das
Symbol der Brücke eine Rolle für das weitere eheliche
Wohlergehen. Wir fahren nun über diese Brücke um inmitten von
Menschenmassen das Wahrzeichen der Stadt Wuhan zu besichtigen: den
"Gelben Kranich Turm". Wem es
gegeben ist, der mag ihn besteigen oder
mit dem Fahrstuhl hinauf fahren. Der Turm stammt aus alter Zeit, wurde
verschiedentlich zerstört und 1985 wieder aufgebaut. Man hat von
oben eine gute Aussicht, wenn auch dunstig - wie immer. Am Nachmittag gebt es Gelegenheit, zu Fuß in der Stadt umher
zu streifen. Die Unentwegten steigen in der Gegend des quirligen
Marktes aus. Sie berichten später von abenteuerlichen
Beobachtungen und eigenartigen Nahrungsangeboten wie Schweineschnauzen
oder Rinderhoden. Da bummeln wir lieber die moderne
Fußgängerzone ab, wo es allerdings weniger interessantes zu
sehen gibt. Elegante Geschäfte und die Passanten meistens
jüngere Leute nicht minder elegant gekleidet. Wir trinken umgeben
vom Charme eines Mövenpick Restaurants einen Kaffee und bummeln
dann in Richtung unserer Anlegestelle zurück. An einer
Straßenecke sitzen einige Männer auf Rollbrettern,
vielleicht dienen diese dem Lastentransport? Am Flussufer gibt es aber
noch eine lange Gasse mit einem Tiermarkt, die muss noch abgebummelt
werden. Wollen wir hoffen, dass die Hunde und anderes Getier ein
artgerechtes Dasein fristen oder einen liebevollen Käufer finden. An der Anlegestelle können wir unser Schiff nicht entdecken.
Nach einigem Suchen mithilfe der "Boarding Card", auf der die Nummer
der Anlegebrücke verzeichnet ist, sind wir schließlich am
Ziel: unser Schiff liegt unsichtbar zwischen zwei anderen
Yangtse-Kreuzern. Flusstag, So. 8.11. Es
steht eine lange Teilstrecke bis zu den Schleusen des Gezhouba Stausees
mit zwei Nacht- und Tagesfahrten bevor. Der Tag wird an Bord
verlebt, und wir haben Glück mit dem Wetter: es ist warm und
sonnig. An den Ufern des Yangtse lässt sich vor allem die
Schilfernte auf den weiten Uferflächen und deren Verladung
beobachten. Auf den abgemähten Flächen sind kleine
Behelfsunterkünfte errichtet, die aber wohl eher der
Teezubereitung in den Arbeitspausen denn als Behausungen dienen. Aber
man sieht auch Wäscheleinen. Die
Vorträge sind heute: 3-Schluchten-Staudamm,
Chinesisch-Unterricht,
Akupunktur, Kalligraphie und Stempelkunst,
das Spiel Mahjong. Abends
gibt es Bingo, und dann ist
dieser erholsame Tag überstanden. Gezhouba
Schleuse, Beginn 3 Schluchten, Mo. 9.11. In aller Frühe erreichen wir die
Schleuse am Gezhouba Staudamm.
Dieser Damm wurde zwischen 1970 und 1988 mit über 2 km Länge
und etwa 30 m Höhe erbaut, sozusagen als Probe für den 3 Schluchtenstaudamm, den wir
später kennen lernen werden. Bei aller Kritik an den
Staudammprojekten muss bedacht werden, dass die Gefahr von
Hochwassern zu allen Zeiten ein Alptraum der Bewohner am Yangtse
gewesen ist. Im letzten Jahrhundert sollen drei Millionen Menschen
durch Überflutungen ums Leben gekommen sein. Wenn nun allerdings
ein Staudamm durch Erdbeben oder Kriegseinwirkung brechen sollte,
wäre die Zahl der Opfer nicht abschätzbar. So erfüllen
die Staudämme, solange es gut geht, ihre Aufgabe als
Hochwasserschutz, Transportmittel und Wasser- und Energielieferant. Als alle Frühaufsteher sich richtig die
Augen gerieben haben, sind wir schon durch die Schleuse hindurch. Es
folgt die Durchfahrt der unteren Xiling
Schlucht, die sich an diesem Morgen sehr neblig
präsentiert. Imposante steil aufragende Berge säumen das
ehemals enge Tal. Bald erreichen wir die Anlegestelle unterhalb des 3 Schluchten Staudamms, den man
allerdings von hier aus nicht zu Gesicht bekommt, weil er durch eine
Flussbiegung und Insel verdeckt ist. Also werden wir wieder in einen
Bus verfrachtet, der uns nach Passieren einer Sicherheitskontrolle -
damit keiner eine Bombe einschmuggelt - etwa 200 m höher in der
Gegend der Staudammkrone ausläd. Leider regnet es mittlerweile
recht stark und die Sicht ist gleich Null. Das sei jetzt immer
häufiger der Fall, da nach dem Aufstauen der "Duft" (gemeint ist
der "Dunst") besser aufsteigen könne. Nun hat man ein
Informationszentrum eingerichtet, wo ein großes Modell der Anlage
bei jeder Wetterlage zu besichtigen ist. Der Staudamm selbst ist nur
schwer zugänglich, besonders die Turbinenanlagen werden wie ein
Augapfel gehütet, weil sie z.T. aus multinationaler Entwicklung
stammen, auch die Fa. Siemens hat hier mitgemischt. Im Bau ist
noch eine
riesige
Schiffshebeanlage - die größte der Welt - die vielleicht um
das Jahr 2015 fertig gestellt sein wird. Die fünf Schleusen - so erfahren wir,
wurden mangels anderer williger Arbeitskräfte durch zigtausende
von Armeeangehörige ohne Verwendung von Sprengstoff gebaut.
Sprengungen hätten den Untergrund und die bereits im Bau
befindliche Staumauer womöglich in Mitleidenschaft gezogen. Auf
die Frage, wie viele Todesfälle es bei den Bauarbeiten gegeben
habe, wird die Zahl 120 genannt. Leider offiziell auch nicht
nachprüfbar. Abschließend ein Foto von der
größten Staumauer der Welt, und das ist wegen des Nebels
eher paradox: kaum etwas zu sehen! Bevor wir wieder auf unserem Schiff
"landen", ergibt sich die Gelegenheit, in der anliegenden
Ladenstraße den einen oder anderen Sixpack Tsingtao Bier zu erwerben.
Nach einigem Feilschen haben wir einen günstigen Preis
ausgehandelt, erhalten als Wechselgeld jedoch einige Scheinchen, die
praktisch wertlos sind, wie sich einige Zeit später herausstellen
wird. Unser Schiff begibt sich nun in die 5 Schleusen, was so seine
Zeit in Anspruch nimmt. Nach Mittagessen und kurzer Siesta ist dann
auch die letzte der Schleusen geschafft. Nun wird aus der Flussfahrt eine Seefahrt,
denn ab hier ist der Yangtse auf über 600 km Länge mit
anfangs 170 m Tiefe gestaut. Untergegangen sind Ortschaften,
Kulturgüter, die historischen Treidelpfade und vieles mehr. 1,2
Mio Anwohner wurden umgesiedelt und leben heute in modernen
Städten, wahrscheinlich nicht glücklicher. Unsere beiden
Führer Han und Willi begleiten nun die Fahrt mit ihren
Kommentaren, während sich die Reisegäste auf dem Vorderdeck
versammeln. Leider verabschiedet sich die Sonne bald, da ist es mit dem
Fotografieren vorbei. Bei einsetzender Dämmerung werden wir auf eine weitere
Merkwürdigkeit hingewiesen. Die Ortschaften an den höheren
Hängen seien nur spärlich erleuchtet. Das liege an den sehr
hohen Strompreisen - und das hier in unmittelbarer Nähe des
größten Wasserkraftwerks der Welt mit 18 200 Megawatt
Leistung und einer Produktion von 85 Milliarden Kilowattstunden pro
Jahr?
Der Grund ergibt sich daraus, dass es kostspielig ist, die
Stromzuleitungen einzurichten, und das schlägt sich dann im
Verbraucherpreis nieder. In den Großstädten sei der Strom um
den Faktor 100 billiger. Die Fahrt führt heute noch bis zu der Stadt Badong, von wo aus morgen eine
weitere Unternehmung starten wird. Shennongxi Fluss, Wu-Schlucht,
Qutang-Schlucht, Di. 10.11. Wir werden von unserem Schiff mit einem anderen Boot abgeholt, um
einen Ausflug in das Seitental des Shennongxi zu unternehmen. Dort
wird die sog. "Bächleinfahrt"
veranstaltet werden. Auf diesem Nebenfluss, der natürlich auch
entsprechend hoch aufgestaut ist, geht es zwischen steilen
Berghängen und Felswänden dahin. Hoch oben in einer
Felsspalte kann man einen eingeklemmten Steinsarg sehen, der aus einer
Zeit vor 2000 Jahren stammen soll, als man die Verstorbenen
"möglichst nahe beim Himmel" auf diese Weise bestattete.
Dafür sind allerdings dieser Sarg und die ihn stützenden
Baumstämme verdächtig gut erhalten. An den Felshängen entdeckt man
immer wieder Höhlen und deren Überreste in Gestalt von zu
Tage liegenden Tropfsteinformationen. Die Bootsfahrt endet an einem
Anleger, wo wir in kleine Kähne umgeladen werden. Früher
begannen hier die Treidelfahrten, heute kann man rudern. Das
Geschäft der Treidelfahrt betrieb die Minderheit der Tujia, die in den Bergen dieses
abgeschiedenen
Gebietes ansässig sind. Wir bekommen eine sehr hübsche
Führerin namens Eva bzw. "Äffa",
die uns einiges erzählt und sogar sehr
gekonnt ein Liebeslied im Wechsel mit einem der Ruderer vorsingt. Am
Schluss wird einem das Treideln vorgeführt, obwohl es hier wegen
des hohen Wasserstandes nun gar nicht mehr nötig ist. Damit hat
sich natürlich auch der Name "Bächleinfahrt" erledigt. Zurück an Bord erwartet uns das Highlight der Yangtse-Reise:
die Durchfahrt der Wu-Schlucht und
der Qutang-Schlucht. Vor dem
Aufstauen waren diese Routen durch Strömung, Strudel und Untiefen
eine gefährliche Angelegenheit. Nun erinnert das Landschaftsbild
eher einer Fjordfahrt, aber immer noch eindrucksvoll genug. Auf der
rechten Seite taucht eine Felsformation auf, dort gibt es eine kleine
Säule, und die wird als Chinesische
Loreley bezeichnet. Wenig
weiter hat man bereits eine Anlegestelle eingerichtet, von wo aus man
auf einem Pfad dort hinauf wandern kann. Ein Verkaufskiosk ist auch
schon da. Da die Yangtse- Kreuzfahrt sich allmählich ihrem Ende
nähert, lädt der Kapitän
heute zum Abschiedsabendessen ein. Da muss man wieder "in Schale"
erscheinen.
Außer einer kleinen Ansprache des Kapitäns, übersetzt
von Han, passiert aber nichts weiter außergewöhnliches und
das Abendessen verläuft wie immer. An diesem Abend - oder war es ein andermal - wird noch einmal eine
Art Modenschau durchgeführt. Diesmal werden Bekleidungsweisen der
chinesischen Minderheiten von Tibet bis zur Mongolei gezeigt. Die
Bevölkerung Chinas setzt sich zu 92 % aus Han-Chinesen zusammen, den Rest
bilden 55 ethnische Minderheiten. Da die Minderheiten rund 80% der
chinesischen Grenzgebiete bevölkern, sind diese auch für die
Staatsführung nicht ohne Interesse. Von der dargebotenen Show sind
wieder alle begeistert, weil alles so natürlich mit Spaß an
der Sache und in keiner Weise gekünstelt abläuft. Fengdu, Mi. 11.11. Heute ist der letzte Tag an Bord bzw. des Besuches der Geisterstadt Fengdu. Die liegt wieder auf einem
Berg und man kann hinauf laufen oder mit einem Sessellift fahren. Im
Tagesprogramm ist zu lesen "...die Geisterstadt ist eine Stadt von
Unterweltfiguren und Dämonen und Heimat der verstorbenen Seelen
(festes Schuhwerk und Trinkwasser nicht vergessen)". Man erzählt
uns wieder allerhand über die Höllen und Qualen, die einen
nach einem lasterhaften Leben in der chinesischen Höllenwelt
erwarten, aus der man schlimmstenfalls als Hund wiedergeboren wird. Um
dem entgegenzuwirken, gehen wir mit angehaltener Luft eine Treppe rauf,
überqueren die Brücke ohne
Wiederkehr und balancieren schließlich einbeinig auf
einem runden Stein, um seinen eigenen Charakter zu prüfen. Da
kommt nicht viel bei raus. Zur Entspannung können wir am Schluss noch über einen
"Hallo Markt" bummeln. Dort nehmen die Händler regen Anteil an
jedem, der vorbei schlendert. Es gibt hier durchweg nur Kitsch und z.T.
merkwürdige Nahrungsmittel zu kaufen. Am Nachmittag wird die
letzte Etappe bis zu er Stadt Chongqing
in Angriff genommen. Das sei die größte Stadt der Welt mit
31 Millionen Einwohnern. Da hat man aber getrickst, indem man ein
Gebiet groß wie Oesterreich zugrunde gelegt hat. Die eigentliche
Stadt soll nur so groß wie Berlin sein. Wir kommen dort mit einbrechender Dunkelheit an, und da muss man
sich
erst mal die Augen reiben. Unter einer üppig in allen Farben
illuminierten Hängebrücke fahren wir auf ein Stadtbild zu,
dass jeder, der es schon gesehen hat, mit Las Vegas vergleicht. Es ist ein
Lichtermeer wohin das Auge schaut. Auf dem Fluss gleiten Ausflugsboote,
die auch von vorn bis hinten farbig erstrahlen. Demnach kann es mit dem
Stromverbrauchspreis hier nicht so weit her sein. Vielleicht sind das
ja auch alles Sparbirnen? Leider ist der
Fotoapparat zum entscheidenden Zeitpunkt nicht zur Hand. Am Abend gilt es eher prosaische Dinge zu erledigen, wie die
Bordrechnung zu bezahlen, die Koffer für die Abreise fertig zu
machen und mit den richtigen Farbbändchen zu versehen. Eine Gruppe
wird morgen nach Guilin und Hongkong (grün) reisen, die
andere nach Peking (lila),
und wir nach Xian (ohne
Bändchen). Chongqing - Xian, Do. 12.11. Nun gehen wir von Bord, brauchen aber nicht zu weinen, das tut der
Himmel für uns. Der Flug nach Xian ist von vormittags auf den
frühen Nachmittag verschoben worden. Wie wir später erfahren,
hat es in Xian und auch in Peking Schnee gegeben. Wir bekommen eine
lokale Reiseführerin und fahren mit dem Bus zum Eling-Park hoch
über der Stadt. Da die gesamte Stadt sich zwischen und auf Bergen
befindet, gibt es hier auch kaum Fahrräder, stattdessen aber mal
wieder genügend Kfz-Verkehr. Die Busfahrer von Chongqing seien
besonders versiert, heißt es. Im Eling Park wird man sogleich von
Regenschirmverkäufern belagert, erstaunlich wie schnell die sich
der jeweiligen Wetterlage anpassen. Für 1 € bekommt man einen
Schirm der vielleicht den ersten Windstoß übersteht. Eine
Dame hat sich verkauft, da ist statt eines Haltestocks ein Kopfgurt
unter dem Schirm und man trägt das Ganze wie eine Art Mütze. Wir werden in eine Teestube gebeten, wo man erst mal warm und
trocken
sitzt. Eine Dame zelebriert die Kunst des Teeaufbrühens. Als die
ersten Zuschauer schon Fäden in den Mundwinkeln ziehen, bekommt
man endlich ein Schälchen Tee zum Probieren. Aber irgendwie hat
uns das Nationalgetränk der Chinesen bisher und auch hier nicht
begeistern können. Wenig weiter ist ein Museum, wo ein
Künstler ein 20 m langes Wandgemälde vom Yangtsefluss
angefertigt hat. Ob es Kunst ist, mag Geschmacksache sein. Wir nehmen unser Mittagessen in der Nähe des Flughafens ein.
Auf dem Flughafen treffen wir unsere fidele Peking-Gruppe wieder, die
noch keinen Flug bekommen konnte. Durch die Lautsprecher hört man
immer wieder "...delay due to the airport weather conditions". Wir
kommen mit wenig Verspätung noch einigermaßen gut weg. Nach
einer Stunde Flugzeit landen wir in Xian.
zunächst können wir den Flieger etwa 1 Stunde nicht
verlassen, weil gerade keine Gangway zur Verfügung steht.
Anscheinend ist der Flugverkehr einigermaßen durcheinander
geraten - davon später mehr. Schließlich nimmt uns ein
fideler Reiseführer namens Wang
in Empfang. Das Klima ist deutlich kälter geworden und es liegt
Schnee. Die Stadt Xian, 8,3 Mio Einwohner, ist eine alte Kaiserstadt
mit einer langen Geschichte. Sie ist der östliche Ausgangspunkt
der Seidenstraße. Heute
soll hier noch eine Pagode besichtigt werden. Doch der Busfahrer
verzettelt sich so im dichten Feierabendverkehr, dass es mittlerweile
dunkel wird. Ob noch eine Lichterfahrt später am Abend
gewünscht sei? Ganze 6 Leutchen haben ein Interesse, da lohnt sich
das dann nicht. Ein Herr ist ganz enttäuscht: "Könnten wir
denn nicht mehr Reklame machen?". Am nächsten Tag auf dem
Flughafen wird er sagen: "Wenn wir heute hier nicht wegkommen,
können wir vielleicht noch die Lichterfahrt machen!". Wir sind froh, dass wir nach dem ganzen Hin und Her endlich unser
Abendessen einnehmen können. Für die Unentwegten wird gegen
Aufpreis eine Sonderverpflegung angeboten, die aus einer Vielzahl von
verschieden zubereiteten Maultaschen,
einer Spezialität der
Region, besteht. Endlich werden wir im Grand New World Hotel abgeliefert.
Dort ist man komfortabel in schönen Zimmern untergebracht, doch
das Auspacken der Koffer für eine Nacht ist nicht nötig. Xian, Terrakotta-Armee, Peking, Fr.
13.11. Es muss zwischendurch einmal gesagt werden, dass die
Reiseveranstalter versuchen, den Gästen nichts vorzuenthalten,
obwohl in der Kürze der Zeit natürlich vieles nicht besucht
werden kann. Das wäre dem Aufnahmevermögen der Besucher auch
gar nicht zuzumuten. Es ist so schon um einiges zu viel. Heute morgen
besuchen wir den Konfuziustempel in
Xian, der durch seinen Stelenwald
berühmt ist. Dabei handelt es sich um 3000 graue Steintafeln, auf
denen die Weisheiten und Richtlinien des Regierens, der allgemeinen
Lebensgrundsätze sowie philosophische Ansichten des Gelehrten
Konfuzius und anderer Weiser in Kalligraphieschrift festgehalten sind.
Ein zentraler Begriff ist die "Harmonie",
ein Wort, das bisher immer
für das Aufsuchen der Toiletten zum Einsatz kam. So steht unser
Grüppchen frierend in den Gängen der Ausstellungshallen,
lauschen mehr oder weniger andächtig den Erläuterungen, und
alle sind froh, als wir wieder im warmen Bus sitzen. Bald darf man wieder frieren, als wir nun die Große Wildganspagode
besichtigen. Außer ein paar Fotos bringen wir nicht viel Energie
auf, uns mit dieser Angelegenheit gebührend zu befassen. Man
wartet innerlich vielmehr auf die wohl größte Attraktion der
Reise: die Terrakotta Armee.
Ungeduldig erwartet man die Ankunft, aber
der stets dichte Verkehr spannt die Geduld auf die Folter.
Schließlich fahren wir bereits in Sichtweite - wenn der Dunst
nicht wäre - des Grabhügels jenes ersten Kaisers Qin Shiuangdi, gest. 210 v.
Chr. Dieser Hügel ist archäologisch noch nicht in Angriff
genommen worden. Auf die Frage "Warum?" heißt es, die Geldmittel
und wissenschaftlichen Methoden seien noch zu unzureichend. An dieser Stelle darf ausnahmsweise ein Auszug aus dem
Baedeker zitiert werden: Der Historiker Sima Qian lieferte um 100 v. Chr. eine
Beschreibung der Grabkammer: Sie sei angefüllt mit Nachbildungen
der Paläste und Amtsgebäude, mit Gerätschaften und
Preziosen; Quecksilber imitierte die Flüsse des Landes, die Decke
der Gruft war als Firmament gestaltet. ... Selbstschussanlagen gegen
Eindringlinge. Wovon Sima Qian nicht berichtete, war die
Grabwächterarmee. Sie wurde erst 1974 durch Zufall entdeckt,
als Bauern einen Brunnen aushoben. Weiter ist allerdings auch zu lesen, dass bereits im Jahre 207 v. Chr.
Aufständische das Grab plünderten, Teile der unterirdischen
Armee zerstörten und alles in Brand setzten. Nun kann man nur noch bewundern, was von der Pracht übrig
geblieben ist, bzw. was man bis heute zu Tage gefördert hat.
Zunächst sind da zwei prächtige bronzene Vierspänner,
die in Glasvitrinen ausgestellt sind. "Heiligsblechle" sagt der
schwäbische Mitreisende. Anschließend dürfen
wir endlich die eigens
errichtete Halle zur Präsentation des bislang umfangreichsten
Teils der Terrakottaarmee, dem "8. Weltwunder", betreten. Das
verschlägt einem schon den
Atem, wie da über die ganze Breite und Länge der Halle eine
mehr oder weniger gut erhaltene Truppe in Lebensgröße mit
individuell gestalteten Gesichtszügen beisammen steht. Von den
ursprünglich vorhandenen Farbaufträgen ist so gut wie nichts
erhalten geblieben. Man sei dabei, spezielle Lasuren zu entwickeln, die
gleich nach der Freilegung einer Figur aufgebracht werden müssen,
damit nicht alles abbröselt. Da auch die Wissenschaft der
Konservierungstechnik voranschreitet, darf man hoffen, dass die
zukünftigen Funde noch einiges erwarten lassen, da erst etwa 2000
von geschätzten 8000 Figuren ausgegraben wurden. Eine Attraktion ist natürlich auch, dass sich einer der
Entdecker namens Zhifa Yang
hier öfter blicken lässt und, heute versehen mit einer langen
Pfeife, die im Andenkenshop erhältlichen Bildbände signiert.
- Wenn es denn ales so stimmt... Wir fahren zum Flughafen von Xian, um unseren Flug nach Peking
anzutreten. Eine böse Überraschung: die Halle ist gestopft
voll mit Menschen. Kinder müssen beruhigt werden, andere sitzen
auf ihrem Gepäck und spielen Karten. Anscheinend wurden eine Menge
der
Flüge wegen Schneefalls verschoben oder umgeleitet. Das hat auch
unser Reiseführer noch nicht erlebt, wie er sagt. Er verfüge
aber über "Vitamin B", und so kommt er bald mit unseren
Flugtickets wedelnd zurück von irgendwelchen
Abfertigungsschaltern. Und tatsächlich ist es fast ein Wunder,
dass unser Flug wohl als einziger pünktlich abgeht.
Schließlich haben wir heute Freitag, den 13., aber das gilt wohl
als glückbringend nur für uns, und nicht für die anderen
paar tausend Wartenden. In Peking werden wir von unserem Reiseführer Lei (spricht sich wie das engl.
Wort lay) in Empfang
genommen. Im Voraus darf gesagt sein, dass wir hiermit wohl einen der
besten Führer erwischt haben, den man sich denken kann. Nach dem
Abendessen irgendwo auf dem Weg vom Flughafen werden wir endlich im
Holiday Inn Hotel abgeliefert.
Wir treffen sogar einige unserer
fidelen Truppe, die ihr Pekingprogramm gerade hinter sich haben, und
morgen in die Heimat zurückfliegen werden. Wir trinken noch
gemeinsam jeder ein Bier aus der Dose draußen in der Kälte
vor einem Straßenladen und nehmen damit Abschied. Ein Bier in der
Hotelbar ist dagegen sündhaft teuer, in der Minibar komischerweise
nicht. Peking, Sa. 14.11. Die große Besichtigung von Peking beginnt auf dem Platz des
Himmlischen Friedens, der eigentlich Tianmen Guanchang: "Platz am Himmelsfriedenstor"
heißt. Es soll der größte innerstädtische Platz
der Welt sein. Das mag stimmen, denn trotz des riesigen
Besucheransturms windet und zieht es hier erbärmlich. Wir haben
nun gerade
einen mongolischen Kälteeinbruch erwischt, der mit einem
schneidenden Wind daher kommt. Das ist eine Art von Kälte, wie wir
sie gar nicht kennen. Die Straßenverkäufer haben sich darauf
eingestellt und bieten Schals, Handschuhe und Mützen an. Die
Mützen nennt man Uschanka
und ich bin froh, dass ich für 40 Yen (4 €) oder so ein solches
Exemplar erwerben kann. Vorne ist ein roter Stern angebracht, um die
"Linientreue" sicherzustellen. Der lässt sich später mit
einer Kneifzange leicht
entfernen. Nachdem wir uns auf diesem riesigen Platz sattgesehen bzw.
-gezittert haben, durchschreiten wir das Himmelsfriedenstor am Portait des Mao Zedong vorbei. Es soll das
letzte derartige Konterfei in der Stadt sein.
Nebenan befindet sich auch das Mausoleum des Mao, wo - wie zu lesen ist
- man nie weiß, ob der echte oder ein wächserner
Maokörper
aufgebahrt sei. Das mag sich nach dem Wetter richten, heute wäre
es kalt genug. Wir betreten den Bereich der Verbotenen Stadt, sicher ein Höhepunkt
jeder Chinareise. Hier reihen sich die Herrscherpaläste aneinander
und grenzen verschiedene weitläufige Innenhöfe gegeneinander
ab, die unterschiedlichen Zeremonien und Aufgaben dienten. Bis 1911
wurden die Anlagen für kaiserliche Regierungs- und
Präsentationen und Feierlichkeiten genutzt. Auch Tennis wurde hier
gespielt. Wie
es dann weiter ging, wird gut in dem Film "Der letzte Kaiser" dokumentiert. Ab
1924 ist die Verbotene Stadt auch für die Öffentlichkeit
zugänglich gemacht worden. Für die Olympischen Spiele 2008
wurde natürlich alles aufs feinste restauriert. Unser Führer Lei ge-Lei-tet uns noch in die
Wohnbereiche der Eunuchen und
Konkubinen. Das sind kleinere
Gebäude mit verwinkelten engen Innenhöfen, in denen es heute
zum Glück nicht so zugig ist. Wo die verbotene Stadt in den Kaiserlichen Garten übergeht,
versammeln wir uns wieder und fahren zum Mittagessen. Diesmal erwartet
uns ein gut besuchtes Buffet-Restaurant, wo man sich nicht vom
Drehteller bedienen muss. An einem Stand wird auch von der Pekingente eine Kostprobe gegeben,
darüber später mehr. Die nächste Station ist die Anlage des Himmelstempels. Man wandert
zunächst an einer offenen Galerie entlang, wo ein munteres Treiben
herrscht. Hier treffen sich die Rentner und Frühpensionäre,
wenn sie der Langeweile entfliehen wollen. Da wird Musik gemacht,
gesungen und Karten gespielt. Einige versuchen auch, etwas zu verkaufen
oder sonstwie eine Münze zu ergattern. Wenig weiter ist ein
öffentlicher Tanzplatz, wo man sich gymnastischen Übungen
oder eben auch dem Tanz hingeben kann. Mittelpunkt der Anlage ist die Halle des Erntegebets als
"vollkommenstes Werk chinesischer Baukunst" (Baedeker). Nach einigem
Herumwandern wärmen wir uns in einer Teestube auf. Es gehört wohl auch zum Pflichtprogramm einer
Besichtigungstour, dass man in einer Art Kaufhaus abgeliefert wird, und
das gleich für 2 Stunden. Außer Nahrungsmitteln gibt es so
ziemlich alles zu kaufen, hauptsächlich aber Schmuckwaren und
Kleidung. Da ich einen Hosengürtel benötige, lassen wir uns
ein Angebot machen. Dazu wird vom Verkäufer ein Betrag auf einem
Taschenrechner eingetippt. 390 Yen (39
€) solle der Gürtel kosten. Nun genieße ich die
Vorzüge einer Ehegattin, die beim Handeln sehr kompromisslos
vorzugehen pflegt. Sie tippt 100 Yen in den Rechner. Nun schmilzt der
Preis nach und nach zwar rapide, doch Heidi tippt immer wieder die 100
ein. Als die Verkäuferin der Sache überdrüssig zu werden
scheint, wenden wir uns zum Gehen - und nach zurückgelegten 5 m
wird auf die 100 Yen eingewilligt. So geht das also, welchen
Verkaufspreisen kann man dann überhaupt trauen? Und nun ziehn wir mit Gesang in das nächste Restaurang. Dort
findet endlich das angepriesene Essen mit Servieren der berühmten
Pekingente statt. Ein Bediensteter, als Koch verkleidet, tritt an die
Tafel und säbelt auf seinem Tischchen mit einem scharfen Messer
schmale Streifen, möglichst mit Haut, vom Entenbein ab oder was
sonst von der Ente übrig ist. Die Bröckchen, die man davon
ergattert, sollen dann versehen mit einer speziellen Knoblauch- und
Gewürzpaste sowie Lauchstreifen und frischer Gurke in ein
Teigscheibchen eingewickelt werden. Das kaut man schließlich
durch und fragt sich, wo der Entengeschmack geblieben ist. Schon ist
man wieder Banause und genießt die Entenhappen pur, wenn es sein
muss auch noch mit Messer und Gabel, falls das mit den Stäbchen zu
schwierig wird. Nachdem das überstanden ist, steht für die Unentwegten
noch ein Programmpunkt für heute auf der
Spät-am-Abend-Tagesordnung (gegen Aufpreis): 4 Stunden: "The Legend of Kung Fu" im Roten
Theater, eine der spektakulärsten Shows in Peking, so ist zu
lesen. Da wäre man dann erst gegen Mitternacht "zu Hause" im
Hotel. Nur 6 Leutchen der Gruppe fühlen sich dieser Sache nicht
mehr gewachsen. Die dürfen mit dem Taxi auf Kosten des
Veranstalters Phoenix zurück zum Hotel fahren. Wir sind auch dabei
und finden uns nach diesem durchgefrorenen Tag in der heißen
Badewanne wieder. Die Große Mauer und anderes,
So, 15.11. Der letzte Besichtigungstag der Reise mit der Erwartung, die große Mauer zu sehen. Aber
erst mal muss eine Attraktion jüngeren Datums angesteuert werden,
und das ist das Olympiagelände mit dem architektonisch eigenwillig
gestalteten Stadion, genannt das Vogelnest.
Die anderen angrenzenden Sporthallen sehen dagegen eher normal aus. Ein
Hochhausgebäude fällt noch auf, dessen Gestaltung die
olympische Flamme symbolisieren mag. The Beijing 7-Stars Morgan Plaza,
das weltweit einzige 7 Sterne Hotel. Ein Superlativ, das vielleicht
nicht jeder haben muss bzw. sich noch weniger leisten kann. So geht es
zu in einem
Land des Sozialismus! Auf der Fahrt zur großen Mauer darf
man sich wieder einmal über den dichten Autoverkehr wundern. Es
wird gesagt, dass die Anschaffung eines Autos steuerlich
unterstützt wird und monatlich 8000 Autos in Peking neu dazu
kommen.
Das kann dann ja eigentlich nicht lange gut gehen, wenn einer nach dem
anderen zwischen den Blechlawinen wahnsinnig wird. Vielleicht ist
Zweiradfahren schließlich doch die bessere Lösung. Angekommen an der großen Mauer,
die sich malerisch an den Hängen entlang zieht, geht es den
Unentwegten darum, möglichst weit hinauf zu steigen. Das ist auf
z.T. vereisten Stufen nicht so einfach in dem Besucherstrom, der sich
allerdings nach oben hin mehr und mehr ausdünnt. Zwischendurch ist
der Spruch zu hören: "We climbed up to the top to find out it's
not the top". Aus Zeitgründen kann ich auch nicht bis zum letzten
sichtbaren Wachtturm hinauf steigen. Einige aber haben es geschafft und
berichten dann, dass da oben die Mauer zuende sei und weiter nichts zu
sehen gewesen wäre. Ganz in der Nähe ist ein
ländliches Dorf, das man vielleicht auch gern besichtigt
hätte, aber wir müssen zum Mittagessen und anschließend
wieder durch Verkaufsräume schlendern. Hier geht es allerdings
recht diskret zu und man wird nicht dauernd angemacht. Aber wir wollen
ja auch nicht schon wieder etwas kaufen. Wir besuchen
anschließend die Ming
Gräber, die von einer schönen Landschaft umgeben sind.
Nun kann man noch den 1 km langen Seelenweg
mit 18 berühmten Steinfigurenpaaren entlang schlendern. Einige
Tierfiguren sind in Ruhestellung dargestellt, dazu meint unser Schwabe:
"Dorhanne san die Strackerten". Es folgt die nun allerletzte Besichtigung
der gesamten Tour, und die ist sehr interessant. Wir besuchen ein
kleines Viertel des verbliebenen Alt-Pekings. Diese überkommene
Siedlungsart aus kleinen grauen Steinhäuschen mit Innenhof nennt
man Hutongs. Zu Mao's Zeiten
waren sie z.T. überbevölkert, weil es zu wenig Wohnraum gab.
Heute müssen sie leider mehr und mehr den ehrgeizigen und
profitablen Projekten der Immobilienfirmen weichen. Es ist allerdings
zu lesen, dass es inzwischen auch für viele "Reiche" als durchaus
schick gilt, sich in einem solcher Viertel einzuquartieren. Wir machen
eine Rikschafahrt durch die engen verwinkelten Gassen.
Schlaglöcher und Bodenwellen gibt es genug. Oftmals droht das
Gefährt umzukippen, da machen sich die Rikschafahrer einen
Spaß draus. Danach ist der Besuch einer Familie geplant.
In dem kleinen Häuschen ist es schön warm und man lässt
sich in der Runde nieder, wo Tee serviert wird. Nun hat Heidi aber noch
einen Spruch aus Aegypten im Kopf: "Geh mir weg mit Malventee", wobei
auf den drohenden Fluch der Pharaonen
hingewiesen wurde. Sie möchte also lieber draußen warten.
Bis ich mich auch rausgedrängelt habe, ist sie auf der Suche nach
dem Bus schon außer Sicht. Das kann ja heiter werden, denn hier
verläuft man sich schnell, kalt und dunkel ist es auch schon. Man
findet sich aber wieder, und bei der Gelegenheit wird noch eine
Handvoll Uhren von einem Straßenverkäufer erworben, alles Gucci und Rolex bzw. Lolex. Bis unsere Gruppe vom
Teebesuch wieder erscheint, sind wir gründlich durchgefroren. Das letzte Abendessen findet in einem
Restaurant in der Nähe des Olympiageländes statt. Leider geht
alles normal wie immer vonstatten und es nichts besonderes dabei. Am
Ende sind wir froh, nach dem Überwinden der Blechlawinen für
die letzte Nacht im Holiday Inn Hotel abgeladen zu werden. Eine
heiße Badewanne kann man heute genau so gut gebrauchen, wie schon
gestern. Rückreise,
Mo. 16.11. Peking erwartet an diesem Tag die Air Force Number One mit Inhalt zu
einem Staatsbesuch. Da sei die Zufahrt zum Flughafen zeitweise
gesperrt. So müssen wir eine Stunde früher raus. Das ist auch
nötig, weil die Fahrt zum Flughafen sich bei dem Verkehrsaufkommen
wieder verzögert. Nun müssen wir uns von unserem Führer
Lei verabschieden, den wir in diesen drei Tagen geradezu lieb gewonnen
haben. Alles weitere mit dem Einchecken und der Sicherheitskontrolle
läuft normal ab und wir sitzen pünktlich im Flieger. Der hat
aber noch keine Starterlaubnis, weil womöglich eine Person, die
Schwierigkeiten mit der Einreise habe, wieder mit zurück genommen
werden müsse. Darüber vergeht nun wieder eine Stunde, die wir
als Verspätung mitbringen werden und damit die geplanten
Anschlussverbindungen in Deutschland nicht mehr erreichen werden. Zu guter letzt müssen die 10 Stunden
Flugzeit
überstanden werden. Mein Fensterplatz nützt nichts, es ist
durchweg wolkig. Als wir uns etwa über den Baltischen Staaten
befinden, ereignet sich noch ein Unfall, als ein Teilnehmer unserer
Gruppe ein Unwohlsein und damit verbundenen unglücklichen Sturz
erleidet. Er muss ärztlich versorgt werden und in Frankfurt vom
Notdienst übernommen werden. Das trübt natürlich die
Stimmung. An der Zollkontrolle wird das Ehepaar vor
uns einer gründlichen Kontrolle unterzogen. Die Koffer werden
gründlich inspiziert. Aber man hat wohl weder billige Uhren oder
gar Rohopium gebunkert. Wir werden durchgewunken, und erst hier
fällt uns ein, dass wir mit den Gucci und Lolex Exemplaren
womöglich Schwierigkeiten bekommen hätten. So aber
können wir beruhigt im Frankfurter Hbf in einen ICE einsteigen,
der uns direkt nach Braunschweig bringt, wo uns unser Schwiegersohn am
Bahnhof erwartet. Zu Hause angekommen sind wir fast 23 Stunden
unterwegs gewesen. Nicht nur wegen der Müdigkeit fällt es
schwer, die durchweg überwältigenden Eindrücke dieser
Reise auf Reihe zu bringen. Eine Erholung konnte es nicht sein, eine
Erkältung haben wir uns auch eingefangen. Aber was man gesehen und
vor allem gelernt hat, dass muss nun erst einmal verarbeitet werden.
Und das ist hiermit geschehen. Am nächsten Tag steht in der Zeitung,
dass das Treffen unseres geschätzten US-Präsidenten Barrack Obama mit der chinesischen
Staatsführung in Peking auf einer gleich frostigen Ebene wie das
derzeitige Klima dort verlief. Es ging um Menschenrechte, Umwelt- und
Klimaschutz. Themen, die in der unseligen Bush-Ära nur eine
untergeordnete Rolle spielten. So bleibt doch der Eindruck: Noch
ist nicht alles Gold, was glänzt - im Reich der Mitte!
Auf die Idee, eine Reise nach China zu
unternehmen, muss man
erst einmal kommen. Der Hintergrund war mein Geburtstag im April,
für den Heidi
auf der Suche nach einer Überraschung war. Man kann sich ja einen
Ratschlag geben lassen: ein Anruf
bei unserem Freund Wolfgang lässt da gar keinen Zweifel aufkommen,
denn er war
mit Gattin Birgit selbst schon in China und schwärmt entsprechend
davon.
Also ob ein neues
Fahrrad oder die Chinareise – das ist sogleich entschieden.
Nun geht es wieder mit dem Bus los, man ist es fast schon leid, aber
verpassen darf man ja auch nichts. Die Stadt Jiujiang zählt diesmal 5 Mio.
Einwohner. Wenn es so weiter geht, kriegen wir noch die 1,3 Mrd. der
Bevölkerung Chinas zusammen. Heute soll es in das Lushan Gebirge bis über 1000 m
Höhe gehen. Die Region ist vor allem im Sommer beliebt, wenn man
aus den tiefer gelegenen "Backofenstädten" mit bis zu 40 Grad
Hitze sich hier hinauf in ein kühleres Klima flüchten kann.
Auch ein prominenter Politiker hat sich da oben ein Anwesen geschaffen,
das wir später kennen lernen werden. Zunächst wird eine
Strecke von 24 km mit 396 Kurven in Angriff genommen, diese
Straße existiert seit 1953. Oben erreicht man die Ortschaft Guling, die Engländer nannten
es "Cooling". Wir steigen in
kleinere
Busse um, die dadurch wohl auch ein gutes Auskommen haben.
Nach einer weiteren Nachtfahrt erreichen wir die Stadt Wuhan, die sechstgrößte
Stadt Chinas mit 6 Mio. Einwohnern. Unsere beiden Reiseführer Han
und Willi sind hier zu Hause und bekommen dafür an diesem Tag
frei. Ein örtlicher Reiseführer wird sie gut vertreten.
Wieder ist ein reichhaltiges Tagesprogramm angesagt. Zuerst besuchen
wir das buddhistische Guiyuan-Kloster.
Es wurde von einem der Reiseführer schon angekündigt: "Am
Schluss könnt ihr keine Klöster,Tempel und Pagoden mehr
sehen". Aber
wir machen
noch mit, man könnte ja was verpassen? Zu sehen gibt es das
übliche: geschwungene Dächer, Säulen, eine große
Glocke, Räucherstäbchen-Altäre, aber auch eine Halle mit
500 gold-eingefärbten Statuen, die man Arhat oder Luohan nennt, wie die Schüler
Buddhas genannt werden. Zwei Eingänge, Männer links, Frauen
rechts,
und wenn man Geburtstag hat, kann man die Figuren der Reihe nach seinem
jeweils erreichten Alter entsprechend abschreiten und dann bei der
schließlich erreichten Erscheinung sich ein Bild für sein
eigenes Leben ableiten. Wer schlau ist, schielt schon mal nach der
nächsten Figur, denn die wäre im nächsten Jahr dran.