Wegen der Sonne werden noch einige Fotos angefertigt, Schlosspark, ein Mühlrad, die Kirche. Dann geht es auf den Weg zum Roten Luch, wo ein Bach namens Stobber die Gegend ent- oder bewässert. Nur beginnt der Weg dort gleich zu Anfang dermaßen sandig, dass wir uns keiner weiteren Tortur unterziehen möchten.
Dann bleibt man doch lieber auf dem R1 von gestern und
dafür ein paar Kilometer auf der gleichen Route zurück bis Garzau und Rehfelde. In Garzau gibt es was zu
sehen, und das ist eine Feldsteinpyramide.
Ulrike und Rainer begeben sich auch auf einem Feldweg dorthin, wir
anderen zwei stromern auf einer Wiese herum und bewundern alte
Ackergeräte. Hier gibt es auch ein Schloss, an dem und den
umgebenden Gebäuden arbeitet man noch.
Von Rehfelde geht es mit etwas Gegenwind nach Süden. In Zinndorf müssen wir aprupt stoppen, weil zwei Störche auf dem Dach des Kirchturms sich gerade ihrer Toilette widmen - wie auch immer.
Es geht
weiter nach Süden bis nach Kagel,
wo wieder eine Rast fällig
ist. Die nahe Kirche sieht nicht so interessant aus, es ist aber zu
lesen, dass sie im "Schinkelschen Rundbogenstil" errichtet sei. Damit
ist auch dem Namen Schinkel
einmal Genüge getan. Die weiterführende Straße ist
offiziell gesperrt, aber
"Zufahrt bis zur Brücke frei". Das wird also wieder einmal
spannend. Nun hat man hier ein Einsehen mit den nicht motorisierten
Verkehrsteilnehmern gehabt und eine provisorische Rampe bereitgestellt
an Stelle der sich noch im Bau befindlichen Betonbrücke.
Kurz darauf scheiden sich die Geister, weil Rainer eine Strecke ausgeguckt hat, die auf der Karte nicht so vertrauenerweckend aussieht. Also werden die Handies eingeschaltet und ein Treffpunkt vereinbart, weil wir anderen lieber dem R1 folgen. So geraten wir auf bequeme Weise zu dem Ort Alt Buchhorst, wo Rainer wenig später nach einer Route über Neu Finkenstein auch eintrifft. Nun fahren wir wieder gemeinsam am Peetzsee entlang und genießen den einen oder anderen Aussichtspunkt.
Schließlich gelangen wir nach Erkner. Weil wir uns nun schon an
den komfortablen und gut ausgeschilderten Radweg R1 gewöhnt haben,
schlägt Rainer vor, einen Abstecher über eine kleine
Brücke weiter nördlich zu machen. "Gerne" folgen wir ihm auf
hoppeligen Straßen, bis wir tatsächlich vor der Brücke
stehen. Das ist nun leider im eigentlichen Sinne keine Brücke
mehr, weil man wohl die morschen Planken entfernen musste. Deswegen ist
sie wohl auch gesperrt. Ein Individuum kommt des Weges und
erklärt, dass die Brücke bereits seit zwei Jahren außer
Betrieb sei, "man habe ja keen Geld für sowat". Immerhin finden
wir eine neu errichtete Brücke zurück in die Zivilisation,
nur muss man die Räder samt Gepäck eine steile Treppe hinauf
hieven. Doch bald danach haben wir den R1 wieder bzw. er uns.
Leider geht es eine Weile auf der belebten Állee Berliner Str. dahin, bis man endlich links nach Hessenwinkel abbiegen kann. Unweit aber unsichtbar verbirgt sich der Dämeritzsee. Doch eine Brücke über die Müggelspree wird erreicht, dort sieht es wirklich ein wenig so aus wie im Spreewald. Die Teichmummeln blühen und ein Kanu gleitet unter uns durch. Dann geht es eine ganze Weile durch den Wald auf vorbildlich asphaltierter Strecke. Aber ehe man den Kleinen Müggelsee ganz verpasst, folgen wir einem Hinweis auf das Hotel Restaurant Neu Helgoland, der uns an das Ufer dieses Sees führt.
Aber nun bekommen wir endlich unsere
Schwarzwälderkirschtorte. Wie es zu dem Namen Neu Helgoland
gekommen ist, lässt sich nicht ermitteln, sonst heißen
Restaurants in dieser Lage meistens Seeblick, Strandperle oder
ähnlich phantasiereich.
Auch den Großen Müggelsee
entdecken wir erst auf halber Höhe und genießen die Aussicht
von einem Bootssteg aus. Es ist nun nicht mehr weit nach Köpenick.
Als wir das Hotel Alter Markt
erreichen, haben wir für heute
über 60 km hinter uns und damit die längste Etappe. Für
das Abendessen begeben wir uns in das Restaurant
Luise, wo man eine schönen Blick auf die Dahme und das
gegenüberliegende Ufer hat. Mit dem Essen sind wir nur teilweise
zufrieden, mit dem Dunkelbier Staropramen schon eher. Es folgt eine
Exkursion zur Schlossinsel,
wo es auch allerhand historisches zu erkunden gilt, z.B. die Kunde
über eine Riesenagave, die hier im Jahre 1712 zum Blühen
gekommen ist und der man als "Wunderaloe"
eine Schautafel gewidmet hat.
Für den Rest des Abends haben wir wohl die urigste Kneipe der
Szene erwischt, die heißt Zur
Gardestube in der Rosenstraße gleich neben dem Rathaus, wo
der Hauptmann von Köpenick
sein Heldenstück aufgeführt hat. In diesem Sinne ist das
Lokal gestaltet, eine Unzahl von Bilddokumenten aus alter Zeit sind
zusammen getragen worden, eine lebensgroße Figur eines
Gardesoldaten ziert den Raum usw. Der Herr Wirt erzählt uns so
manches über die Entstehung, Einrichtung und heutigen Werdegang
seines Restaurants. Wer mehr wissen will, sollte sich selbst zu einem
Besuch dort entschließen. Das kleinste
Museum von Köpenick wird es auch genannt.
Zum Hauptmann von
Köpenick alias Wilhelm Voigt gibt es nun noch eine Geschichte in
eigener Sache. In Heidis Familie wird heute noch erzählt, dass ein
gewisser Urgroßvater Bürgermeister in dem Ort Wronke gewesen
sei und den Hauptmann von Köpenick verhaftet habe. Das stimmt, wie
man es der Biografie des Wilhelm Voigt entnehmen kann. Nur fällt
diese Verhaftung in eine frühere Zeit zurück, als jener sich
auf Wanderschaft befand. Da ist er einmal frühmorgens auf eine
Hochzeitsgesellschaft gestoßen, die in der freien Natur vor dem
Ort Wronke eine Nacht durchgefeiert hatte. Die Musikanten hatten gerade
ihr Musizieren beendet und die Musikinstrumente an einem Zaun
abgestellt. Unser Held der Geschichte und womöglich noch einige
Kumpane, die haben sich sodann die Musikinstrumente gegriffen und sind
fröhlich musizierend in das Dorf einmarschiert. Vielleicht hat es
nicht ganz so gut geklungen, denn die armen Burschen wurden sogleich
des Diebstahls bezichtigt, verhaftet und verurteilt. Nun hatte jener
Wilhelm Voigt noch ganz andere Dinger gedreht - wie man lesen kann.
Aber der Bürgermeister von Wronke - der hat auch seine Rolle
gespielt. Zu dessen Pensionierung existiert in unserer Familie noch
eine Verdiensturkunde, unterzeichnet im Jahre 1908 von Kaiser Wilhelm II.
Fr 18.7. Köpenick -
Potsdam
Mit den Wegen nach Potsdam verhält es sich wie mit den Wegen nach
Rom, viele führen dort hin. Zunächst statten wir noch der
Touristeninformation in Köpenick einen Besuch ab, wo wir endlich
eine Karte
über "Grüne Wege" in und um Berlin erstehen können.
Diese werden wir heute gut brauchen können. Auch der Mauerradweg
ist bereits per Bikeline dokumentiert.
Wir fahren zunächst auf der östlichen Seite der Dahme in
Richtung Süden, um eine spezielle Fähre zu erreichen. Diese
bringt uns über die Dahme nach Grünau.
Aha, dort ist Rainers
Bruder aufgewachsen, deshalb also. Ein Elternhaus oder sowas
müssen wir aber nicht noch suchen.
Doch dieser Ort ist für
die Weiterfahrt ganz gut
geeignet, weil man schnell den Teltowkanal
erreicht, an dem man nun
schön entlang radeln kann. Bald versperrt jedoch eine Baustelle
den Weg und man muss über einen Schlenker diese Geschichte
umfahren. Man baut hier an einer Autobahn, dadurch ist der Mauerradweg,
der sich an dieser Stelle auch anbieten würde, nur schwer zu
erreichen. Nach der Karte fahren wir parallel zum Teltowkanal auf der
Kanal Str. durch Industriegelände.
Schließlich ist das überstanden und es geht wieder
schön am Kanal dahin. Leider auch nur bis Tempelhof, da ist eine
Umgehung über die Ordensmeister Str. angesagt. Dann geht es ohne
Unterbrechung in grüner Umgebung immer am Kanal weiter. Am Schloss
Lichterfelde legen wir eine schöne Rast ein. Bald danach
stößt man wieder auf den Mauerradweg, der auch eine Weile
durch amphibisches Gelände dem Kanal folgt und dann nach Norden
abbiegt. Also machen wir das auch. Mit Erfolg, denn an der Neuruppiner
Str. befindet sich ein nettes Imbissrestaurant, das kommt uns gerade
recht.
Wenig später erreicht man einen schnurgeraden Weg durch den Wald
in Richtung Babelsberg. Das
mögen 5 km ohne jede Wegbiegung sein.
Einmal überqueren wir die Autobahn, genau dort befand sich zu
DDR-Zeiten der Kontrollpunkt Dreilinden. Den braucht man nun nicht
mehr, stattdessen gibt es Dokumentations- und Gedenktafeln, damit man
das alles nicht vergisst. Ab Kohlhasenbrück hat man Babelsberg und
den Griebnitzsee erreicht. An diesem führt ein wunderschöner
Weg entlang, aber damit hat es so seine Bewandnis. Etliche der
Nobelgrundstücke reichen nämlich bis an das Seeufer hinab und
man wird durch Schilder darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um
Privatgelände handele. Einer Schautafel ist auch zu entnehmen,
dass noch einige erbitterte Rechtsstreitigkeiten im Gange sind.
Hier ligen auch die Truman Villa, an der wir auch vorbei fahren, sowie die Stalin- und Churchill Villa. die haben wir wohl übersehen. Hier waren jene Herren einquartiert, als sie im August 1945 im Schloss Cäcilienhof das Potsdamer Abkommen aushandelten. Wir hatten auch mit dem Gedanken gespielt, das letzte Quartier im Schloss Cäcilienhof zu nehmen, aber da gibt es unter 160 € kein Zimmer, also auch keine Potsdamer Konferenz in eigener Sache.
Wir haben mittlerweile das Ende des Griebnitzsees erreicht und fahren über eine Brücke zur Waldmüllerstraße. In einem Gehege sind seltsame Tiere zu sehen, die sehen aus wie Steiff-Tiere, es handelt sich aber wohl um Alpakas, einer Lama-Art. Es stehen einige russisch anmutende Holzhäuser herum.
Nun ergibt sich
die Gelegenheit, sich wieder einmal auf Agentenspuren zu bewegen, indem
man die sagenumwobene Glienicker
Brücke überquert. Für uns gilt dagegen, dass wir
hiermit den Kreis um Berlin geschlossen haben, denn gegenüber
befindet sich der Ort Sacrow, wo wir ein paar Tage zuvor unseren
Spaß mit den Leuten von "Wege zum Glück" hatten. Auch
für eine Radtour wäre so ein Titel nicht schlecht: Wege zum
Glück!
Aber wir sind in dem verkehrsreichen Potsdam angelangt, wo es die fast
schnurgerade Berliner Straße in Richtung Zentrum entlang geht.
Nach einigem Hin und Her finden wir die Touristen Information in der
Nähe des Brandenburger Tors, nicht zu verwechseln mit dem
berühmten anderen in Berlin Mitte und Unter den Linden und so.
Dafür haben die dort in Berlin Mitte einen Potsdamer
Platz zum Ausgleich und der ist wohl inzwischen wohlgeraten -
als Kommerzzentrum.
Heute ist Freitag und das Wochenende beginnt. Also sind die Quartiere
nicht gerade zum Aussuchen. Wir werden in Richtung Potsdam West
eingewiesen, wo sich ein art'otel
potsdam, Zeppelinstraße 136 befindet. Das ist nicht ganz
so preiswert, aber wir spendieren uns damit ja auch unsere letzte
Übernachtung. Immerhin gibt es eine schöne Route entlang der
Neustädter Havelbucht dorthin. Vorbei an einem Gebäude, das
aussieht wie eine Moschee, sich aber als Dampfmaschinenhaus ausweist,
biegen wir ab ins Grüne und fahren im Zickzack Auf dem Kiewitt herum - so
heißt das hier. Ein Wunder, dass das "Otel" zu finden ist, und
zwar in einem Gelände um den Persiusspeicher
herum, schön gelegen mit Havelblick. Was es mit dem Speicher auf
sich hat ist uns, ahnungslos wie man ist ein Rätsel. Aber, wie
nachzulesen ist, handelt es sich um das letzte Filetstück der
Potsdamer Speicherstadt.
Dagegen ist das art'otel ultramodern und verheißt laut
Stadtprospekt hochkarätige Kunst
oder anspruchsvolles Design.
Das begeistert uns nun nicht so sehr, weil keine
Unterstellmöglichkeit für die Fahrräder besteht. Die
müssen dann heute Nacht im Regen stehen, wie man sehen wird. Die
Zimmer sind natürlich picobello, was einem nicht viel nutzt, wenn
man Hunger hat. Das Hotelrestaurant
Aqua ist für uns eine Kategorie zu teuer. Gleich
gegenüber an der Zeppelinstraße ist aber das
Steak-Restaurant Canavaro, das
mit mediteranischen Spezialitäten
lockt. Da sind Rumpsteak, Grillteller oder meine ersehnte Pizza Frutti Mare, für 6 €
übrigens, eine Delikatesse.
Dermaßen gestärkt wandern wir nun sogar noch zurück zum
Brandenburger Tor und Luisenplatz und finden auch dort ein schönes
Restaurant, das heißt Restorante
Contadino und bietet u.a. kubanische Küche. Für uns
reichen für heute ein paar Bierchen. Wir vergucken uns fast schon
in eine kleine grazile vermeintliche Kubanerin, doch es stellt sich
heraus, dass sie aus Togo stammt, perfekt deutsch spricht und sich auf
ein Studium vorbereitet. Zum Abschluss dieses Besuchs werden wir noch
mit einem Feuerwerk überrascht, dass irgendwo am Horizont
kunstvoll abgefackelt wird. Das sei ein jährlich
stattfindender Wettbewerb erfahrener
Feuerwerker, wird uns von einer Dame mitgeteilt. Sie sei absoluter
Potsdam-Fan, verrät sie.
Wir aber müssen uns auf den Rückweg machen, und erreichen
gerade noch vor einem sintflutartigen Regen die Oase Palazzo Di Persius, wo es ein
Abschlussbier gibt und wir anschließend nur über ein paar
Meter zum Hotel hinüber huschen können. Und unsere armen
Fahrräder stehen derweil ungeschützt im Regen.
Sa 10.7. Heimfahrt
Gerne hätte man die Fahrt noch weiter fortgesetzt oder sich in
Potsdam näher umgeschaut. Nun, vieles kennt man schon von
früher, wie z.B. den Park von Sanssouci. Interessant ist für
heute der Potsdamer Hbf., wo wir als erstes wieder ein
preisgünstiges Wochenendticket für die Rückfahrt zu
erwerben gedenken. Nun dürfen wir ein letztes Mal eine Fähre
in Anspruch nehmen, die uns hinüber nach Hermannswerder bringt.
Dann sind wir bald am Bahnhof und erledigen die Formalitäten. Auf
dem Programm steht noch ein Besuch des Babelsberger Filmmuseums. Aber
das vereitelt eine heraufziehende Regenfront, die wir auf Rainers
Allzweckcomputer auch genau erkennen können, ein Blick zum Himmel
ergibt das gleiche Ergebnis. An der Humboldt Brücke
beschließen wir, reumütig zum Bahnhof zurückzukehren
und damit ist diese Umrundung der Stadt Berlin beendet. Über die
Rückfahrt muss nicht detailliert berichtet werden.
Zu Hause angekommen, holen wir am nächsten Tag unseren Hund Otto
wieder aus seiner Pension bzw. dem Zwinger im Keller ab. Da er dort bei
schmaler Kost gehalten wird, ist er zwar wie immer wieder einmal rank
und
schlank geworden. Nun scheint er so ausgehungert zu sein, dass er -
wieder zu Hause - in einem verschwiegenen Moment Teile einer Sandale
weg geknabbert hat, mit der die Tour absolviert wurde. Das gleiche
Schicksal erleiden ein paar Socken, auf denen stand: 100 Mildes away
from Home. Vielleicht war
das auch nur Rache! Unsere Enkelin Pauline hat nun auch noch den
rechten Spruch für uns: "Wart ihr im Urlaub auch im Käfig?".
Nein, waren wir nicht, falls jemand das alles bislang geschilderte
gelesen haben sollte! Aber ganz unrecht hat sie nicht, war nicht Berlin
- ob Ost oder West nicht auch einmal ein Käfig - wenn auch ein
großer?