JWD - 300 km Rund um Berlin
13.7.- 19.7.2008
Planung
Für Schwaben, Bayern und andere Unwissende: JWD heißt Janz Weit Draußen.
Vor Jahren erhielten wir als Reaktion auf einen Reisebericht über
eine
Polenreise folgende
Email (Auszug):
Vielen Dank
für Ihre überaus
gelungene
Satire eines deutschen Kleinbürgers im
Ausland...
....Ich
warte schon voller Spannung auf
eine
mögliche weitere Folge ihrer
Reiseberichte,
vielleicht diesmal über die
deutsch-deutsche
Integration - möglicher
Arbeitstitel: "Mit der Vespa auf den
Spuren Theodor
Fontanes durch die Mark
Brandenburg".
Wer sich mit Theodor Fontane in
diesem Sinne näher beschäftigen
möchte, sollte sich die "Wanderungen
durch die Mark Brandenburg" zu
Gemüte führen oder gar Günter Grass: "Ein weites Feld", den angeblichen
Wenderoman, wo ein gewisser Fonty
sein Unwesen treibt.
Nicht eine Vespa- sondern eine Radtour "Rund um Berlin" ist daher
eigentlich schon
lange geplant. Aber wie
es in unserer schnelllebigen Zeit so ist, vergeht dann doch eine ganze
Zeit, bis es so weit ist. Den Ansporn mögen auch zwei Hinweise aus
den Zeitungen geben.
Da ist unter dem Stichwort Metropolenrundkurs
zu lesen:
"Brandenburger Hoteliers und
regionale Parks haben eine Fahrradroute rund um Berlin für ihre
Gäste entwickelt: in fünf Tagesetappen umrundet man die
Hauptstadt auf 250 km befestigten Feld- und Waldwegen ... des Berliner
Umlands."
www.regionalpark.de
www.havellandradler.de
Wem diese Strecke zu kurz ist, der kann sich auch auf den Radfernweg Tour Brandenburg
begeben, und das sind dann eben mal über 1000 km. Dafür ist
der Abstand zur Großstadt Berlin natürlich größer
und man hat nicht den eigentlichen Eindruck von einer "Stadtrundfahrt".
Für die große Brandenburg Tour, die es seit 2007 gibt, ist
auch bereits ein Bikeline Heft erschienen.
Weil wir uns aber noch jung und kregel genug fühlen, wollen wir
die
Fahrt um Berlin selbst in die Hand nehmen, als da sind: Ulrike und
Rainer sowie wir zwei beiden Heidi und Martin. Hund Otto muss für eine Woche
wieder in seiner Ferienpension im Kellerzwinger einquartiert werden.
So 13.7. Brandenburg - Falkenrehde
Da wir an einem Sonntag starten, können vier Personen mit einer
einzigen Fahrkarte reisen, und das ist dann das Wochenendticket zu 37 €
für Regionalbahnen. Preiswerter geht es ja nun nicht. Vier
Fahrkarten für die Räder kommen natürlich noch dazu.
Nach 9 Uhr geht es vom Braunschweiger Hbf los. Mangels Fahrstuhl zu den
Bahnsteigen fahren wir sozusagen durch die Katakomben des Bahnhofs und
dann eine schräge Rampe hinauf zu unserem Zug. In Magdeburg Buckau
muss man umsteigen. In dem Zug nach Brandenburg, der sich sogar bis
Eisenhüttenstadt an der Oder durchschlängelt, wird das ganze
Abteil von einem energisch telefonierenden Mädchen unterhalten.
Die hat alles drauf, was man von der heutigen Jugend erwartet. Daher
ist es im Abteil mucksmäuschenstill, damit keiner etwas verpasst.
"Ey, Alter, das glaubse nicht, inne Küche klebt der wie ne
Scheißhausfliege an meim Arsch, kannse dir nich vorstelln" - usw.
Trotzdem sind wir gegen 12 Uhr in Brandenburg, wo die Tour
beginnen soll.
Und das tut auch der Regen - beginnen meine ich. Deshalb verzichten wir
auf einen Besuch des Brandenburger Stadtzentrums - man kann ja noch mal
wiederkommen. Stattdessen muss ausgerechnet an meinem Fahrrad ein
Schlauch ausgetauscht werden, weil sich ein Plattfuß
ankündigt. Nachdem das unter den schadenfrohen Augen einiger
herumstehender Taxifahrer erledigt ist, geht es ab in den leichten
Nieselregen, zunächst auf der B1 (Aachen - Königsberg). Nach
kurzer Strecke auf dem begleitenden Radweg kann man nach Gollwitz
abbiegen. Sogleich erblicken wir rechterhand auf einer Wiese einen
dahinstelzenden Storch. Von Gollwitz führt ein weniger
komfortabler Schotterweg zur Havel.
Und nun - oh Wunder - findet man einen frisch geteerten Weg vor, der
auf dem Uferdamm entlang führt (Havel-Radroute). Von dort hat man
immer wieder herrliche Blicke auf die verzweigten Wasserarme der Havel.
Hin und wieder liegt in einem verschwiegenen Winkel ein Boot vor Anker,
die machen Urlaub auf dem Wasser. Man nähert sich so dem
Götzer Berg, 109 m, der
aber auf bequeme Weise umrundet werden kann. Der
Havelradweg enttäuscht einen weiterhin nicht und führt ab dem
Ort Deetz durch urwaldartigen
Auwald. Als der Regen langsam
stärker wird, stoßen wir auf eine Gartenwirtschaft, die
heißt "Havelstübchen".
Man ist sich einig, dass einem hier
eine Soljanka mit Blub gut tun würde. "Bestellen sie schnell,
gleich kommen 30 andere Radfahrer" wird uns mitgeteilt. Doch trotzdem
ist das mit der Soljanka nicht ganz so schnell gegangen, nachdem die 30
anderen begossenen Pudel eingetroffen sind. Nebenbei haben wir
erfahren, dass der schöne Radweg erst vor einem halben Jahr
angelegt worden ist, wovon das nette Havelstübchen profitieren mag.
Nach der willkommenen Rast hat der Regen nachgelassen und hört
bald ganz auf, sodass der Fahrtwind die Klamotten schnell wieder
trocknet. Man umfährt nun im Zickzack ein eingezäuntes
eigenartiges Gelände, da hat man eine Müllkippe
"renaturiert", Königs- und Nachtkerzen (Pioniervegetation)
blühen immerhin schon auf den
Hängen des Müllberges. Damit sind wir an der Fähre
Schmergow angelangt. Wäre
die nicht in Betrieb, hätte man
hier ein Problem, aus diesem abgelegenen Winkel zu der
gegenüberliegenden Stadt Ketzin
zu gelangen. Nun hatten wir uns im
Internet zuvor über diese Angelegenheit informiert, auch am
Sonntag ist der Fährbetrieb gesichert. Für 1 € p.P. werden
wir hinüber geschippert. An Ketzin ist für uns in erster
Linie ein Cafe an der Havelpromenade interessant, wo eine weitere
Labung stattfinden kann.
Das letzte Stück für heute geht es meistens schnurgeradeaus
auf der Landstraße nach Falkenrehde.
Ein Radweg ist gerade im
Bau, der ist zwar schon teilweise benutzbar, aber für dessen
komplette Inanspruchnahme sind
wir noch zu früh gekommen. In Falkenrehde ist das erste Quartier
im Gutshof Havelland per
Internet vorgebucht. Also kommen wir gut unter und veranstalten alsbald
eine Arbeitssitzung im Restaurant des Hauses. Das Tagesangebot ist ein
Matjesgericht, da ist die Speisekarte fast überflüssig.
Wir ermitteln dann die Route für den nächsten Tag.
Außerdem kann man an einem Minicomputer, den Rainer mit sich
führt, per GPS und Wetter online nachvollziehen, wo man sich
befindet und dass man sich den
Regen am Nachmittag nicht nur eingebildet hat.
Mo 14.7. Falkenrehde - Heiligensee
Vor und nach dem Frühstück scheint die Sonne, da geht es
gutgelaunt zu Werke. Wir fahren ein Stück längs durch
Falkenrehde nach Süden, überqueren die Brücke über
den Havelkanal und vertrauen uns in Paaren
einigen Feldwegen an. Es gilt die Autobahn Berliner Ring zu kreuzen,
was im zweiten Anlauf schließlich gelingt. Nun gibt es rund um
Berlin, wie gesagt wird, tausende von Seen. Nur sehen tut man sie nicht immer,
selbst wenn man nahe an ihren Ufern entlang radelt. Das liegt daran,
dass die begehrten Seegrundstücke weitgehend bebaut und hermetisch
abgeriegelt sind. Auch ein Wald- oder Schilfgürtel verstellt
mitunter die
Sicht. So entgeht auch der Fahrlander
See
unseren Blicken. Es folgt ein Seengebilde, das heißt Krampnitz- Lehnitz- und Jungfernsee, ist aber eigentlich
nur ein See. So kommt man also vielleicht irgendwie auf die stattliche
Anzahl von tausend Seen oder mehr.
Hier findet sich an einer Waldstraße mit einigen kleinen
Steigungen ein hübscher Rastplatz mit Seeblick. Rainer bemüht
sich dankenswerter Weise zwischendurch um Heidis Fahrradschaltung, der
unseligen Torpedo Pentasport.
Das habe ich schon lange aufgegeben, obwohl es ja eher in meinen
Aufgabenbereich gehört. Immerhin hatte ich Heidi ein Rad mit der Rohloff Speedhub angeboten, mehr
kann man nicht tun, oder? "Ich lass mir mein Fahrrad nicht wegnehmen",
was kann man da noch machen? Schließlich kommt Rainer
freudestrahlend und heftig tretend angestrampelt: er hat
tatsächlich die beiden Gänge mit den kleineren
Übersetzungen wieder ausfindig gemacht.
Es geht weiter nach Sacrow -
natürlich am (unsichtbaren) Sacrower
See gelegen. Wir wollen schon durch den Ort durchrauschen, da
fällt der Blick auf ein herrschaftliches Anwesen und einigen
Trubel rings herum. Eine Frau ruft über den Gartenzaun: "Die
machen da Dreharbeiten für Wege zum Glück!". Da kann man aber
jemand flitzen sehen, und das ist Heidi, die diese Soap-Serie bzw.
Telenova am Nachmittag im ZDF zuweilen zu erleiden pflegt. Das Schloss
Sacrow ist im Film die Villa derer von
Weyden. In einem Nebenhof stehen ein paar Akteure oder
Komparsen, oder was immer die sein mögen, herum. Heidi behauptet
steif und fest, Luisa, Simon, Meike
und Eva erkannt zu haben.
Leider ist Annabelle nicht
von der Partie, aber die sitzt ja mittlerweile auch im Rollstuhl und
hat ein schlechtes Gewissen. Also Eva
Landmann (Karin Ugowski) kann ich auch bestätigen, die kaut
gerade auf einer Semmel herum und das sieht genauso aus wie im
Fernsehen.
Inzwischen wird uns bedeutet, nicht mehr zu fotografieren und nicht die
ganze Zeit mit offenem Mund dazustehen. Also wendet man sich einer
Schautafel zu, auf der die Restaurierungsarbeiten nach der Wende an
Schloss Sacro, dem Park und den Weganlagen dokumentiert sind. Auch die
so beliebten Sichtachsen sind
wieder hergestellt worden. Von einer Bank nebenan erlauscht man
währenddessen folgende Satzfetzen: "...also den letzten Dreh hab
ich geschmissen, das war am Wochenende, man muss ja nicht alles
mitmachen..." usw.
Nach so einer Episode ist man ja einigermaßen beschwingt und so
geht es in diesem Sinne weiter in Richtung Kladow. Hier bildet die Havel einen
großen See und man fährt in einiger Höhe dahin. Leider
ergeben sich wieder nur wenige Aussichtspunkte, denn die respektablen
Anwesen besetzen die Hänge am Ufer. So passiert man anscheinend
die Pfaueninsel ohne sie
recht zu sehen. Gut zu sehen ist dagegen das Wannseebad mit Strand und der Grunewaldturm. Mittlerweile
säumen hübsche Kleingartenanlagen den Weg. In Alt Gatow stolpern wir über
ein italienisches Restaurant namens Castelli
Romani. Da kann man schön sitzen und sich der Spaghettis
erfreuen.
Nun ist es schon früher Nachmittag, als man die Scharfe Lanke und Spandau erreicht. Besuch der Zitadelle oder nicht? Während
wir noch rätseln, kommt und ein beredter Herr zu Hilfe und
entscheidet, wie wir weiter zu fahren hätten. Entlang der Neuendorfer Straße komme man
direkt zur Fähre nach Tegelort.
Leider geben auch unsere Kartenwerke nicht mehr Möglichkeiten her.
Später verfügen wir über eine Karte, nach der man die
ganze Zeit auch am Wasser hätte fahren können (Eiswerder, Nordhafen, Werderstr.).
So begeben wir uns diesmal leider für einige Kilometer auf besagte
Straße mit lebhaftem Verkehr und entsprechendem Lärmpegel.
Man kann nur auf dem Bürgersteig oder Radweg, falls vorhanden,
fahren. Als die Straße kein Ende zu nehmen scheint, ist doch der
Abzweig zur Fähre erreicht. Die bringt uns nun nach Tegelort, von
wo aus wir mit der Quartiersuche beginnen.
Es gibt einen hübschen Uferweg entlang der Havel. Eine Unterkunft
ergibt sich dann erst in Alt
Heiligensee mit dem Hotel
Restaurant Danneberg am See. Dort werden wir gastfreundlich
aufgenommen. Das Anwesen erstreckt sich bis an die Havel, wo sich ein
Schiffsanleger befindet. Ein hübsches Plätzchen, zur Zeit ist
allerdings touristisch gesehen nicht viel bzw. gar nichts los. Es wird
uns aber mitgeteilt, dass an diesem Abend noch eine Schulabschlussfeier
nebenan stattfinden würde. So ist es auch - aus unserer Sicht ein
"Türkischer Abend", der sehr gepflegt und gesittet verläuft.
Ein Erkundungsgang offenbart, dass Alt Heiligensee, auf einer Landzunge
gelegen, ein altes Angerdorf ist. Eingeschossige Häuser
säumen den Dorfanger, sofern sie nicht durch modernere Bauten
ersetzt sind. Wir sind lediglich auf der Suche nach einer Ansichtskarte
für einen Geburtstagsglückwunsch, aber in den
verfügbaren Geschäften wären sonderbarerweise eher
Rasenmäher, diverse Baumaterialien, Gartenausstattung oder eine
neue Küche leichter zu erstehen gewesen als eine simple
Ansichtskarte.
Ulrike versucht ihr Glück in die andere Richtung wo sich die
Kirche befindet. Dort ist sie dann direkt in eine Hochzeitsgesellschaft
hinein geraten.
Den Abend verbringen wir auf angenehmste Weise speisend im Pferdestall, das ist das
zugehörige Restaurant in einem alten Gebäude. Und Heidi
bekommt auch ihre Ansichtskarte samt Briefmarke - so einfach ist das!
Bei einsetzender Dämmerung sind wir dann abschließend auf
dem Bootssteg versammelt, es herrscht eine romantische Stimmung und
einige Fledermäuse huschen am Abendhimmel herum. Facit des Tages:
"Wir haben alles richtig gemacht!".
Di 15.7. Heiligensee - Bernau
Wieder geht es mit Sonnenschein los, also bester Laune. Wir radeln
durch die Siedlungsgebiete von Heiligensee, bis wir schließlich
irgendwo hinter der S-Bahnstrecke auf den berühmten Mauerradweg stoßen. Da geht
es nun wieder in die grüne Lunge der Außenbezirke der
Großstadt Berlin. Gerade haben wir wieder einmal eine Autobahn
überquert (BAB Zbr. Hamburg, man glaubt gar nicht, wie laut es da
zugeht), da rauscht auch von links oben etwas Ungewisses heran. Das ist
ein Mountainbiker, der mit geschätzten 40 km/h und gefühlten
80 km/h durch unsere kleine Versammlung durch brettert. Und schon ist
er
wieder verschwunden...
Wir geraten nun nach Frohnau,
wo sich ein Buddhisten Haus
befindet. Da finden wir sogar hin. Dort geht es eine steile Treppe
hinauf,
also bleibt Heidi unten, denn die würde sonst nicht wieder
hinunter gelangen, jedenfalls nicht aufrechten Ganges. Ulrike
lässt sich sogar zu einem Besuch des Andachtsraumes
überreden, dazu müssen aber die Schuhe ausgezogen werden. Ich
mache derweil draußen ein paar Fotos. Ein freundlicher Herr
bietet an,
auch von mir ein Foto zu machen, doch ich winke ab: "Ich bin nicht so
fotogen". Und das ist sicher nicht gelogen!
Als Ulrike mit verklärtem Gesichtsausdruck aus dem Andachtsraum
zurück ist, geht es weiter über Hohen Neuendorf nach Birkenwerder. Hier befindet sich
ein Naturschutzgebiet im Briesetal,
dort soll es sogar Biber geben. Ein abgeknabberter Baumrest findet sich
am Wegesrand, hoffentlich hat den nicht ein übereifriger
menschlicher Naturliebhaber extra zurechtgeschnitzt.
Der Weg durch diese grüne
Hölle ist etwas abenteuerlich, lässt sich aber doch
einigermaßen fahren, wenn man weiß, dass das nicht den
ganzen Tag so weiter geht. Schließlich sind wir in Zühlsdorf, von wo aus man auf
der Landstraße schnell nach Wandlitz
gelangt. Dieser Ort hat ja einen etwas anrüchigen Ruf, als sich zu
DDR-Zeiten Honnecker und Co. sich dort eine bequeme Bleibe geschaffen
und dem real existierenden Sozialismus ein Schnippchen geschlagen
haben. Ansonsten entdeckt man dort nichts auffälliges. Eine
Anwohnerin verrät uns einen Schleichpfad zum Seeufer des
Wandlitzer Sees. Wir machen eine Rast, folgen aber nicht der
Aufforderung eines Herrn, mit ihm zusammen ein kühles Bad zu
nehmen. Als er wieder den Fluten entstiegen ist, erzählt er uns,
dass dies nun für eine Zeit das letzte Bad gewesen sei, morgen
müsse er auf den Operationstisch. Wir können ihm nur alles
Gute wünschen.
Ein schöner Waldweg führt uns unweit des (unsichtbaren) Liepnitzer Sees zum Jägerheim Ützdorf. Dort
gibt es Kaffee und Kuchen. Leider ist die Schwarzwälderkirschtorte
ausgegangen, dafür gibt es Marzipantorte - nicht weniger lecker,
Hauptsache süß! Am Nebentisch sitzt ein älteres Ehepaar
über ihre Reiseunterlagen gebeugt. Die sehen wir dann später
in einen Waldweg einbiegend, aber heute werden wir sie noch einmal
treffen.
Über Lanke
umfahren wir nun den (unsichtbaren) Hellsee
und erreichen nach allerdings etwas mühevoller Fahrt durch den
Wald die Siedlung Lobetal.
Dieser Ort geht auf Friedrich von
Bodelschwingh zurück und es befinden sich dort wohl eine
Anzahl von sozialen Einrichtungen und Behindertenheime. Es gibt von
hier
eine sog. Fahrradstraße direkt nach Bernau, die zugehörige Route
nennt sich Eiszeittour. Diese nördlich von Bernau und "birgt alle Elemente in sich, die das von
den Gletschern der letzten Eiszeit und den folgenden
Schmelzwässern geprägte Barnimer Land zu bieten hat" -
so ist zu lesen.
In Bernau angekommen werden wir von der Touristeninformation gleich um
die Ecke angemeldet und sind entzückt über den Namen der
Restauration: Hotel und Gasthof "Zum
Zicken Schulze". Gleich nach uns trifft das ältere Ehepaar
von heute Nachmittag ein, etwas geschafft von einem ähnlich
abenteuerlichen Waldweg.
Sie haben wohl eine Berlinumrundung mit Gepäcktransfer gebucht.
Nach dem Abendessen wird ein Rundgang durch
Bernau gemacht und die einzelnen Sehenswürdigkeiten abgeklappert.
Als da sind Steintor mit Hungerturm,
St. Marien Kirche, Henkerhaus, ehem. Herberge "Schwarzer Adler", ein
Gasbehälter genannt "Blaues Wunder" u.a.m. Leider hat man
zu DDR-Zeiten einiges der alten Bausubstanz durch Plattenbauten
ersetzt. Inzwischen hat man mit einigem Erfolg versucht, Modernes mit
Altem harmonisch zu kombinieren.
Mit dem Namen Bernau werden auch Erinnerungen geweckt an die Bernauer Straße in Berlin.
Dort hatten sich nach dem Mauerbau im Jahre 1961 dramatische
Fluchtereignisse abgespielt und seit 1963 befindet sich dort die Gedenkstätte Berliner Mauer.
Für heute beschließen wir den Abend im Freien sitzend und
das eine oder andere Bier findet den ihm zugedachten Weg. "Wieder alles
richtig gemacht!".
Mi 16.7. Bernau - Buckow
Von Bernau in Richtung Osten gibt es keine eigentliche Radroute und man
kann bei angenehmem Rückenwind auf ruhigen Landstraßen
fahren. Schöne urige Dörfer wie Börnicke, Willmersdorf oder Werneuchen werden passiert. In
Willmersdorf läßt sich eine Kirche mit zwei Türmen
fotografieren. Weiter geht es über Wegendorf und Buchholz und dann auf einem
unbequemen sandigem Weg nach Spitzmühle, das liegt zwischen
Fänger- und Bötzsee. Auch hier sind die
Seeufer entlang der Straße durchgehend bebaut, Rainer
schäumt vor Wut. An einem Seitenweg finden wir dann
schließlich einen Rastplatz am Seeufer. Nach Strausberg geht es danach auf
einem gut asphaltiertem Weg weiter.
Auch in Strausberg dauert es eine Weile bis wir den Weg am Straussee
finden und im Zentrum an der Marienkirche rauskommen. Nun ist es
Mittagszeit und das Restaurant &
Tagungszentrum "Am Fischerkietz" ist angesagt. Da machen wir nun
eine "Tagung". Auf der Aussichtsterrasse sitzt man hoch über dem
See und hat einen weiten Blick. Am gegenüber liegenden Ufer sind
einige hölzerne Fischerhütten auszumachen, Haubentaucher und
Kormorane tummeln sich. Leider wird der Himmel immer grauer. Rainers
eierlegender Wollmilchsau Vielzweckcomputer kommt nun mal wieder zum
Einsatz, und da ist lt. Satellit eine schöne Regenfront im Anzug.
Als einige Windböen aufkommen und die ersten Regentropfen vor sich
her jagen,
verziehen wir uns in das Innere des Restaurants.
Schließlich entschließen wir uns aber doch, den Weg
fortzusetzen. Und siehe da, es regnet ja noch gar nicht. Aber die an
sich schöne Straße nach Garzau
ist doch mit mehr Verkehr gesegnet, als zu erwarten war. Dafür
erwartet uns dort der berühmte Europa Radfernweg R1 (Calais -
Petersburg). Mit der Strecke hat man sich einige Mühe
gegeben, die Route ist in diesem Abschnitt vorbildlich angelegt und
beschildert. So
nach und nach beginnt es nun doch zu regnen. Nach einem Schlenker
über Waldsieversdorf
erreichen wir endlich entlang einer Museumsbahnstrecke das heutige Ziel
Buckow (Märkische Schweiz).
Dieser Ort ist herrlich gelegen, umgeben von Anhöhen und mit
einigen
Seen gesegnet, der größere heißt Schermützelsee. Bei dem
inzwischen starken Regen haben wir nicht so viel davon. Aber ein
Quartier findet sich mit Hilfe der freundlichen Unterstützung im
Touristenbüro sogleich bei dem Restaurant
& Pension "Strandcafe". Etwas durchnässt und verfroren
ist eine wärmende Bettdecke dann durchaus nicht das Schlechteste.
Mit dem Abendessen werden wir bestens bedient. Was mich betrifft, gab
es eine große Forelle, die anderen Gerichte der Mitstreiter habe
ich nicht mehr im Gedächtnis. Nun kommt das nette
Sevierfräulein - die ist inzwischen auch aufgetaut - mit einem
eigentümlichen Anliegen an unseren Tisch. Man suche nach einem
Rezept für ein altertümliches Nachtischgericht, aus der Zille
Zeit oder so? Unsere beiden kompetenten Damen kramen in ihrem
Gedächtnis oder in Erinnerungen an Rezepte aus den
Intelligenzzeitungen. Aber außer "Arme Ritter" oder "Rote Grütze" ist da nicht
viel mehr bei rausgekommen. Ja, das Rezept brauche jemand für ein
Gastronomie-Examen, vielen Dank!
Heidi und ich machen sich mit einem ausgeborgten Regenschirm noch auf
zu einem Spaziergang zum Brecht-Weigel-Haus.
Hier haben dereinst Bertolt Brecht und Helene Weigel nicht schlecht
gewohnt und gedichtet, heute ist das wohl ein Literatur- und
Kulturzentrum oder sowas.
Nachdem der Regen aufgehört hat, können wir unter einem
Sonnenschirm, der die nachtropfenden Plops von den Bäumen
darüber auffängt, noch ein wenig draußen sitzen. Die
immer bemerkenswerter nette Bedienung erzählt uns sogar
offenherzig einiges über ihr Leben und ihre Katzen. Aber sonst sei
in Buckow nicht viel los für junge Leute. Bei schönem Wetter
sei allerdings immer recht viel Betrieb rings herum, und so mag das
Hotel/Restaurant dann auch auf seine Kosten kommen.
Für uns war das heute eher ein Herbst- als ein Sommertag. Aber die
Regenfront ist inzwischen durchgezogen.
Do 17.7. Buckow - Köpenick
Heute morgen herrscht der schönste Sonnenschein. Beim
Frühstück überrascht Rainer uns mit der Nachricht, dass
er in aller Frühe ein Bad im Schermützelsee genommen habe. Da
kriegt man ja fast eine Gänsehaut beim Zuhören. Nein, es sei
ganz toll gewesen! Wir checken out und lassen dem netten Frollein
von gestern abend noch liebe Grüße ausrichten.
Wegen der Sonne werden noch einige Fotos angefertigt, Schlosspark, ein
Mühlrad, die Kirche. Dann geht es auf den Weg zum Roten Luch, wo ein Bach namens Stobber die Gegend ent- oder
bewässert. Nur beginnt der Weg dort gleich zu Anfang
dermaßen sandig, dass wir uns keiner weiteren Tortur unterziehen
möchten. Dann bleibt man doch lieber auf dem R1 von gestern und
dafür ein paar Kilometer auf der gleichen Route zurück bis Garzau und Rehfelde. In Garzau gibt es was zu
sehen, und das ist eine Feldsteinpyramide.
Ulrike und Rainer begeben sich auch auf einem Feldweg dorthin, wir
anderen zwei stromern auf einer Wiese herum und bewundern alte
Ackergeräte. Hier gibt es auch ein Schloss, an dem und den
umgebenden Gebäuden arbeitet man noch.
Von Rehfelde geht es mit etwas Gegenwind nach Süden. In Zinndorf
müssen wir aprupt stoppen, weil zwei Störche auf dem Dach des
Kirchturms sich gerade ihrer Toilette widmen - wie auch immer. Es geht
weiter nach Süden bis nach Kagel,
wo wieder eine Rast fällig
ist. Die nahe Kirche sieht nicht so interessant aus, es ist aber zu
lesen, dass sie im "Schinkelschen Rundbogenstil" errichtet sei. Damit
ist auch dem Namen Schinkel
einmal Genüge getan. Die weiterführende Straße ist
offiziell gesperrt, aber
"Zufahrt bis zur Brücke frei". Das wird also wieder einmal
spannend. Nun hat man hier ein Einsehen mit den nicht motorisierten
Verkehrsteilnehmern gehabt und eine provisorische Rampe bereitgestellt
an Stelle der sich noch im Bau befindlichen Betonbrücke.
Kurz darauf scheiden sich die Geister, weil Rainer eine Strecke
ausgeguckt hat, die auf der Karte nicht so vertrauenerweckend aussieht.
Also werden die Handies eingeschaltet und ein Treffpunkt vereinbart,
weil wir anderen lieber dem R1 folgen. So geraten wir auf bequeme Weise
zu dem Ort Alt Buchhorst, wo
Rainer wenig später nach einer Route über Neu Finkenstein auch eintrifft. Nun
fahren wir wieder gemeinsam am Peetzsee
entlang und genießen den
einen oder anderen Aussichtspunkt. Schließlich gelangen wir nach Erkner. Weil wir uns nun schon an
den komfortablen und gut ausgeschilderten Radweg R1 gewöhnt haben,
schlägt Rainer vor, einen Abstecher über eine kleine
Brücke weiter nördlich zu machen. "Gerne" folgen wir ihm auf
hoppeligen Straßen, bis wir tatsächlich vor der Brücke
stehen. Das ist nun leider im eigentlichen Sinne keine Brücke
mehr, weil man wohl die morschen Planken entfernen musste. Deswegen ist
sie wohl auch gesperrt. Ein Individuum kommt des Weges und
erklärt, dass die Brücke bereits seit zwei Jahren außer
Betrieb sei, "man habe ja keen Geld für sowat". Immerhin finden
wir eine neu errichtete Brücke zurück in die Zivilisation,
nur muss man die Räder samt Gepäck eine steile Treppe hinauf
hieven. Doch bald danach haben wir den R1 wieder bzw. er uns.
Leider geht es eine Weile auf der belebten Állee Berliner Str.
dahin, bis man endlich links nach Hessenwinkel
abbiegen kann. Unweit
aber unsichtbar verbirgt sich der Dämeritzsee.
Doch eine
Brücke über die Müggelspree
wird erreicht, dort sieht es
wirklich ein wenig so aus wie im Spreewald. Die Teichmummeln
blühen und ein Kanu gleitet unter uns durch. Dann geht es eine
ganze Weile durch den Wald auf vorbildlich asphaltierter Strecke. Aber
ehe man den Kleinen Müggelsee
ganz verpasst, folgen wir einem Hinweis auf das Hotel Restaurant Neu Helgoland, der uns an das Ufer
dieses Sees führt. Aber nun bekommen wir endlich unsere
Schwarzwälderkirschtorte. Wie es zu dem Namen Neu Helgoland
gekommen ist, lässt sich nicht ermitteln, sonst heißen
Restaurants in dieser Lage meistens Seeblick, Strandperle oder
ähnlich phantasiereich.
Auch den Großen Müggelsee
entdecken wir erst auf halber Höhe und genießen die Aussicht
von einem Bootssteg aus. Es ist nun nicht mehr weit nach Köpenick.
Als wir das Hotel Alter Markt
erreichen, haben wir für heute
über 60 km hinter uns und damit die längste Etappe. Für
das Abendessen begeben wir uns in das Restaurant
Luise, wo man eine schönen Blick auf die Dahme und das
gegenüberliegende Ufer hat. Mit dem Essen sind wir nur teilweise
zufrieden, mit dem Dunkelbier Staropramen schon eher. Es folgt eine
Exkursion zur Schlossinsel,
wo es auch allerhand historisches zu erkunden gilt, z.B. die Kunde
über eine Riesenagave, die hier im Jahre 1712 zum Blühen
gekommen ist und der man als "Wunderaloe"
eine Schautafel gewidmet hat.
Für den Rest des Abends haben wir wohl die urigste Kneipe der
Szene erwischt, die heißt Zur
Gardestube in der Rosenstraße gleich neben dem Rathaus, wo
der Hauptmann von Köpenick
sein Heldenstück aufgeführt hat. In diesem Sinne ist das
Lokal gestaltet, eine Unzahl von Bilddokumenten aus alter Zeit sind
zusammen getragen worden, eine lebensgroße Figur eines
Gardesoldaten ziert den Raum usw. Der Herr Wirt erzählt uns so
manches über die Entstehung, Einrichtung und heutigen Werdegang
seines Restaurants. Wer mehr wissen will, sollte sich selbst zu einem
Besuch dort entschließen. Das kleinste
Museum von Köpenick wird es auch genannt.
Zum Hauptmann von
Köpenick alias Wilhelm Voigt gibt es nun noch eine Geschichte in
eigener Sache. In Heidis Familie wird heute noch erzählt, dass ein
gewisser Urgroßvater Bürgermeister in dem Ort Wronke gewesen
sei und den Hauptmann von Köpenick verhaftet habe. Das stimmt, wie
man es der Biografie des Wilhelm Voigt entnehmen kann. Nur fällt
diese Verhaftung in eine frühere Zeit zurück, als jener sich
auf Wanderschaft befand. Da ist er einmal frühmorgens auf eine
Hochzeitsgesellschaft gestoßen, die in der freien Natur vor dem
Ort Wronke eine Nacht durchgefeiert hatte. Die Musikanten hatten gerade
ihr Musizieren beendet und die Musikinstrumente an einem Zaun
abgestellt. Unser Held der Geschichte und womöglich noch einige
Kumpane, die haben sich sodann die Musikinstrumente gegriffen und sind
fröhlich musizierend in das Dorf einmarschiert. Vielleicht hat es
nicht ganz so gut geklungen, denn die armen Burschen wurden sogleich
des Diebstahls bezichtigt, verhaftet und verurteilt. Nun hatte jener
Wilhelm Voigt noch ganz andere Dinger gedreht - wie man lesen kann.
Aber der Bürgermeister von Wronke - der hat auch seine Rolle
gespielt. Zu dessen Pensionierung existiert in unserer Familie noch
eine Verdiensturkunde, unterzeichnet von Kaiser Wilhelm I.
Fr 18.7. Köpenick -
Potsdam
Mit den Wegen nach Potsdam verhält es sich wie mit den Wegen nach
Rom, viele führen dort hin. Zunächst statten wir noch der
Touristeninformation in Köpenick einen Besuch ab, wo wir endlich
eine Karte
über "Grüne Wege" in und um Berlin erstehen können.
Diese werden wir heute gut brauchen können. Auch der Mauerradweg
ist bereits per Bikeline dokumentiert.
Wir fahren zunächst auf der östlichen Seite der Dahme in
Richtung Süden, um eine spezielle Fähre zu erreichen. Diese
bringt uns über die Dahme nach Grünau.
Aha, dort ist Rainers
Bruder aufgewachsen, deshalb also. Ein Elternhaus oder sowas
müssen wir aber nicht noch suchen. Doch dieser Ort ist für
die Weiterfahrt ganz gut
geeignet, weil man schnell den Teltowkanal
erreicht, an dem man nun
schön entlang radeln kann. Bald versperrt jedoch eine Baustelle
den Weg und man muss über einen Schlenker diese Geschichte
umfahren. Man baut hier an einer Autobahn, dadurch ist der Mauerradweg,
der sich an dieser Stelle auch anbieten würde, nur schwer zu
erreichen. Nach der Karte fahren wir parallel zum Teltowkanal auf der
Kanal Str. durch Industriegelände.
Schließlich ist das überstanden und es geht wieder
schön am Kanal dahin. Leider auch nur bis Tempelhof, da ist eine
Umgehung über die Ordensmeister Str. angesagt. Dann geht es ohne
Unterbrechung in grüner Umgebung immer am Kanal weiter. Am Schloss
Lichterfelde legen wir eine schöne Rast ein. Bald danach
stößt man wieder auf den Mauerradweg, der auch eine Weile
durch amphibisches Gelände dem Kanal folgt und dann nach Norden
abbiegt. Also machen wir das auch. Mit Erfolg, denn an der Neuruppiner
Str. befindet sich ein nettes Imbissrestaurant, das kommt uns gerade
recht.
Wenig später erreicht man einen schnurgeraden Weg durch den Wald
in Richtung Babelsberg. Das
mögen 5 km ohne jede Wegbiegung sein.
Einmal überqueren wir die Autobahn, genau dort befand sich zu
DDR-Zeiten der Kontrollpunkt Dreilinden. Den braucht man nun nicht
mehr, stattdessen gibt es Dokumentations- und Gedenktafeln, damit man
das alles nicht vergisst. Ab Kohlhasenbrück hat man Babelsberg und
den Griebnitzsee erreicht. An diesem führt ein wunderschöner
Weg entlang, aber damit hat es so seine Bewandnis. Etliche der
Nobelgrundstücke reichen nämlich bis an das Seeufer hinab und
man wird durch Schilder darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um
Privatgelände handele. Einer Schautafel ist auch zu entnehmen,
dass noch einige erbitterte Rechtsstreitigkeiten im Gange sind.
Hier ligen auch die Truman Villa,
an der wir auch vorbei fahren, sowie die
Stalin- und Churchill Villa. die haben wir wohl
übersehen. Hier
waren jene Herren einquartiert, als sie im August 1945 im Schloss
Cäcilienhof das Potsdamer Abkommen aushandelten. Wir hatten auch
mit dem Gedanken gespielt, das letzte Quartier im Schloss
Cäcilienhof zu nehmen, aber da gibt es unter 160 € kein Zimmer,
also auch keine Potsdamer Konferenz in eigener Sache. Wir haben
mittlerweile das Ende des Griebnitzsees erreicht und fahren über
eine Brücke zur Waldmüllerstraße.
Dort stehen einige russisch anmutende Holzhäuser. Nun ergibt sich
die Gelegenheit, sich wieder einmal auf Agentenspuren zu bewegen, indem
man die sagenumwobene Glienicker
Brücke überquert. Für uns gilt dagegen, dass wir
hiermit den Kreis um Berlin geschlossen haben, denn gegenüber
befindet sich der Ort Sacrow, wo wir ein paar Tage zuvor unseren
Spaß mit den Leuten von "Wege zum Glück" hatten. Auch
für eine Radtour wäre so ein Titel nicht schlecht: Wege zum
Glück!
Aber wir sind in dem verkehrsreichen Potsdam angelangt, wo es die fast
schnurgerade Berliner Straße in Richtung Zentrum entlang geht.
Nach einigem Hin und Her finden wir die Touristen Information in der
Nähe des Brandenburger Tors, nicht zu verwechseln mit dem
berühmten anderen in Berlin Mitte und Unter den Linden und so.
Dafür haben die dort in Berlin Mitte einen Potsdamer
Platz zum Ausgleich und der ist wohl inzwischen wohlgeraten -
als Kommerzzentrum.
Heute ist Freitag und das Wochenende beginnt. Also sind die Quartiere
nicht gerade zum Aussuchen. Wir werden in Richtung Potsdam West
eingewiesen, wo sich ein art'otel
potsdam, Zeppelinstraße 136 befindet. Das ist nicht ganz
so preiswert, aber wir spendieren uns damit ja auch unsere letzte
Übernachtung. Immerhin gibt es eine schöne Route entlang der
Neustädter Havelbucht dorthin. Vorbei an einem Gebäude, das
aussieht wie eine Moschee, sich aber als Dampfmaschinenhaus ausweist,
biegen wir ab ins Grüne und fahren im Zickzack Auf dem Kiewitt herum - so
heißt das hier. Ein Wunder, dass das "Otel" zu finden ist, und
zwar in einem Gelände um den Persiusspeicher
herum, schön gelegen mit Havelblick. Was es mit dem Speicher auf
sich hat ist uns, ahnungslos wie man ist ein Rätsel. Aber, wie
nachzulesen ist, handelt es sich um das letzte Filetstück der
Potsdamer Speicherstadt.
Dagegen ist das art'otel ultramodern und verheißt laut
Stadtprospekt hochkarätige Kunst
oder anspruchsvolles Design.
Das begeistert uns nun nicht so sehr, weil keine
Unterstellmöglichkeit für die Fahrräder besteht. Die
müssen dann heute Nacht im Regen stehen, wie man sehen wird. Die
Zimmer sind natürlich picobello, was einem nicht viel nutzt, wenn
man Hunger hat. Das Hotelrestaurant
Aqua ist für uns eine Kategorie zu teuer. Gleich
gegenüber an der Zeppelinstraße ist aber das
Steak-Restaurant Canavaro, das
mit mediteranischen Spezialitäten
lockt. Da sind Rumpsteak, Grillteller oder meine ersehnte Pizza Frutti Mare, für 6 €
übrigens, eine Delikatesse.
Dermaßen gestärkt wandern wir nun sogar noch zurück zum
Brandenburger Tor und Luisenplatz und finden auch dort ein schönes
Restaurant, das heißt Restorante
Contadino und bietet u.a. kubanische Küche. Für uns
reichen für heute ein paar Bierchen. Wir vergucken uns fast schon
in eine kleine grazile vermeintliche Kubanerin, doch es stellt sich
heraus, dass sie aus Togo stammt, perfekt deutsch spricht und sich auf
ein Studium vorbereitet. Zum Abschluss dieses Besuchs werden wir noch
mit einem Feuerwerk überrascht, dass irgendwo am Horizont
kunstvoll abgefackelt wird. Das sei ein jährlich
stattfindender Wettbewerb erfahrener
Feuerwerker, wird uns von einer Dame mitgeteilt. Sie sei absoluter
Potsdam-Fan, verrät sie.
Wir aber müssen uns auf den Rückweg machen, und erreichen
gerade noch vor einem sintflutartigen Regen die Oase Palazzo Di Persius, wo es ein
Abschlussbier gibt und wir anschließend nur über ein paar
Meter zum Hotel hinüber huschen können. Und unsere armen
Fahrräder stehen derweil ungeschützt im Regen.
Sa 10.7. Heimfahrt
Gerne hätte man die Fahrt noch weiter fortgesetzt oder sich in
Potsdam näher umgeschaut. Nun, vieles kennt man schon von
früher, wie z.B. den Park von Sanssouci. Interessant ist für
heute der Potsdamer Hbf., wo wir als erstes wieder ein
preisgünstiges Wochenendticket für die Rückfahrt zu
erwerben gedenken. Nun dürfen wir ein letztes Mal eine Fähre
in Anspruch nehmen, die uns hinüber nach Hermannswerder bringt.
Dann sind wir bald am Bahnhof und erledigen die Formalitäten. Auf
dem Programm steht noch ein Besuch des Babelsberger Filmmuseums. Aber
das vereitelt eine heraufziehende Regenfront, die wir auf Rainers
Allzweckcomputer auch genau erkennen können, ein Blick zum Himmel
ergibt das gleiche Ergebnis. An der Humboldt Brücke
beschließen wir, reumütig zum Bahnhof zurückzukehren
und damit ist diese Umrundung der Stadt Berlin beendet. Über die
Rückfahrt muss nicht detailliert berichtet werden.
Zu Hause angekommen, holen wir am nächsten Tag unseren Hund Otto
wieder aus seiner Pension bzw. dem Zwinger im Keller ab. Da er dort bei
schmaler Kost gehalten wird, ist er zwar wie immer wieder einmal rank
und
schlank geworden. Nun scheint er so ausgehungert zu sein, dass er -
wieder zu Hause - in einem verschwiegenen Moment Teile einer Sandale
weg geknabbert hat, mit der die Tour absolviert wurde. Das gleiche
Schicksal erleiden ein paar Socken, auf denen stand: 100 Mildes away
from Home. Vielleicht war
das auch nur Rache! Unsere Enkelin Pauline hat nun auch noch den
rechten Spruch für uns: "Wart ihr im Urlaub auch im Käfig?".
Nein, waren wir nicht, falls jemand das alles bislang geschilderte
gelesen haben sollte! Aber ganz unrecht hat sie nicht, war nicht Berlin
- ob Ost oder West nicht auch einmal ein Käfig - wenn auch ein
großer?