Rota, Costa de la Luz, Andalusien
11.5. - 25.5.2015

Anreise

Wie angekündigt, wollten wir in diesem Jahr noch einmal nach Andalusien fahren. Und das geht schneller als gedacht. Als wir einmal in der Braunschweiger Innenstadt zu tun haben, kommen wir am Büro von Sonnenklar in der Burgpassage vorbei. Da kann man ja mal gucken. Eine Viertelstunde später ist die Sache schon gebongt: zwei Wochen im Hotel Playa de la Luz, nördlich von Cadiz nicht weit von dem Ort Rota. Bei Holidaycheck nachschauen, wie die Bewertungen so aussehen, kann man aber erst zu Hause, doch das sieht ganz gut aus. Damit sind schon alle Formalitäten erledigt, und die Reisekosten werden vom Konto abgebucht.

Diesmal haben wir wieder einen Flug zu nachtschlafender Zeit erwischt, unser Nightliner holt uns in der Nacht um 1 Uhr ab. Zum Glück können wir uns auf Wecker und Handy verlassen, die Uhr auf dem Handy ging sogar eine Viertelstunde vor, was in diesem Fall - zum Glück - nicht geschadet hat. Der Flug geht um 4 Uhr ab Hannover, wieder nach Jerez de la Frontera, wo man gegen 7.30 ankommt - es wird gerade hell. Der Transfer zum Hotel erfolgt mit einem Kleinbus und diesmal 10 Gästen. 4 davon werden dann in Rota am Hotel Duque de Najera abgesetzt, wir restlichen 6 fahren noch ein Stück weiter zum Hotel Playa de la Luz. Es wird schnell eingecheckt und dann kann es noch zum Frühstück gehen. Doch das ist bei Halbpension am Tag der Anreise nicht in der Leistung enthalten, und muss - wie wir am Ende sehen - extra bezahlt werden. Dafür bekommen wir am Abreisetag früh am Morgen ein Lunchpaket, das damit entsprechend teuer bewertet werden muss.

Einleben

Nun geht es aber erstmal auf eine Erkundungstour. Von unserem Zimmer aus führt ein Plattenweg direkt zum Strand, wo sich eine Pforte nur mit der Zimmer-Codekarte öffnen lässt. Am Strand entlang zieht sich ein langgestrecktes Gebäude des Hotels. Das ist früher einmal eine Thunfisch-Verarbeitungsanlage gewesen, so heißt es. Heute befindet sich die Hotelgruppe unter dem Namen Andaluces con Encanto (mit Charme) unter der Leitung einer belgischen Familie. Am Gebäude entlang dehnt sich eine gepflasterte Terrasse aus, von der aus man den Seeblick aus erster Hand hat. Wir marschieren daran entlang und finden mit Mühe wieder einen Eingang zum Hotelgelände und schließlich über eine Treppe den Beach Club. Dort verbringen wir zum Auftakt den restlichen Vormittag, kämpfen vergeblich mit Sonnenschirm und Wind - bis uns aufgeht, dass man auf der Rasenfläche vor unserem Zimmer sich viel angenehmer aufhalten kann.

Bald schon besucht uns eine kleine grüne Eidechse, die ist ziemlich zahm und lässt sich auch gern mit Gebäckkrümeln füttern. Eine weitere noch kleinere Eidechse bekommt man seltener zu Gesicht. Und nur einmal zeigen sich zwei größere Prachtexemplare von Echsen im Poolbereich, da ist man froh, dass man den Fotoapparat zur Hand hat.

Des Weiteren schleicht immer eine weiße Katze herum, die sich auch schon mal streicheln lässt und einen Leckerbissen nicht verschmäht. Ein paar Zimmer weiter kümmert sich ein Schweizer Ehepaar um diese Katze, dort bekommt sie regelmäßig ihr Futter und Trinken. Auf diese Weise kommen wir miteinander schnell in Kontakt, wie auch mit anderen vorbei flanierenden Gästen. Manche wird man gar nicht wieder los - wenn sie aus der Gegend von Wanne-Eickel, Neheim-Hüsten oder gar Castrop-Rauxel kommen. Die Katze sei schon um die 9 Jahre alt und scheint trächtig zu sein. Unsere Schweizer, mit denen wir uns schnell anfreunden, kommen schon seit Jahren hierher und kennen die Katze gut und umgekehrt. Ihr Arbeitsname ist wegen ihrer weißen Farbe Blanchetta - oder so.

An einem Abend aber jagt uns diese Blanchetta einen Schrecken ein. Da kommt sie des Weges mit etwas Baumelndem im Maul. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das als kleines Häschen, das sie irgendwo erbeutet hat. Da lässt sie sich gar nicht reinreden und verssteckt sich unter einem Gebüsch nahe der Hauswand. Von da aus funkelt sie einen feindselig an und lässt dabei das Häschen kurz los. Und das lebt noch und versucht zu entkommen. Aber schwupps - ist es wieder eigefangen und mit einem großen Satz springt die Blanchetta samt Häschen auf das Dach und verschwindet. Damit ist diese traurige Geschichte zu Ende und man ist in den nächsten Tagen doch böse auf die räuberische Katze - aber schließlich renkt auch das sich wieder ein. Dazu fallen einem drei Möglichkeiten ein: wollte die Katze das Häschen fressen, oder einem seiner Wohltäter als Belohnung präsentieren, oder übte sie das Verfrachten eigenen Nachwuchses? Sie hat es uns nicht erzählt.

15.5. Donnerstag, Jerez

Nun bietet uns das Schweizer Ehepaar an, mit ihrem gemieteten Auto nach Jerez mitzufahren. Es wurde schon gesagt, dass unser verfügbarer Führerschein - der graue Lappen - eher mit einem Konfirmationspassbild ausgestattet ist, und man daher eher darauf verzichtet, ein Auto zu mieten. Außerdem liegen keinerlei Erfahrungen mit einem "Navi" vor. (Das hat sich inzwischen geändert, nachdem erstaunlicherweise das Smartphone über ein funktionierendes Navi verfügt. Aber ob auch in Spanien?)

Jedenfalls verfügen unsere Gönner über ausgezeichnete Ortskenntnisse und es geht auf der Strecke vorbei am "größten Gefängnis" von Andalusien - so wird gesagt. Da macht man besser kein Foto, sonst sitzt man womöglich selbst drin, hinter Wachtürmen und Stacheldrahtverhauen. ähnlich abweisend sind die Begrenzungen eines riesigen Militärgebietes (Naval Station Rota), wo in regelmäßigen Abständen überwachungskameras aufgestellt sind - wie andernorts Laternen. Dort hausen die Amerikaner samt Familien und allen dazu notwendigen sozialen Einrichtungen, es werde alles Lebensnotwendige aus den USA eingeflogen - wird erzählt. Im Gegenzug werden von hier aus die weniger lebenspendenden Einsätze nach Nahost und Nordafrika geflogen. Im Hotel und in den Straßen von Rota kann man hin und wieder einige dieser GIs entdecken, wie sie sich von ihren anstrengenden Tätigkeiten erholen.

Aber nun geht es in die Stadt Jerez de la Frontera. Auffällig sind die zurzeit üppig hellblau blühenden Jacarandabäume an den Straßen. Zunächst gilt es aber einen Parkplatz zu finden. Das ist für Ortskundige - wie unsere Gastgeber - kein Problem: es gibt ein Parkhaus unter der Plaza del Arenal, und damit ganz zentral. Da kann man gleich los bummeln. Zurzeit findet in Jerez die sog. Feria del Caballo statt. Das ist eine Art Volksfest mit einer Pferdemesse und -präsentation als Höhepunkt. Zur Einstimmung haben sich manche Kinder und Frauen in spanische Festgewänder gekleidet und wandern so durch die Straßen. Wir belassen es mit etwas Shoppen und einem Besuch der Markthalle. Wie stets hierzulande ist besonders das Angebot an Meeresgetier interessant. Draußen auf dem Platz werden Schnecken aber auch Seidenraupen angeboten.

Vor einer Kapelle entdecken wir einen Schrein, an dem viele Utensilien zu Gehhilfen und anderen Gebrechen aufgehängt sind. Diese stammen dann wohl von Wallfahrern oder dgl., die durch den Besuch der Stadt oder speziell dieser Kapelle auf wundersame Weise geheilt wurden. Auf der Treppe sitzt ein Mann und spricht eifrig einer Flasche zu, und falls sie bald leer sein sollte, streckt er einem schon einmal die geöffnete Hand entgegen. Wer sich mit Schlagern auskennt, kann dann antworten: "No tengo dinero" (Los Umbrellos, Ich habe kein Geld), aber vielleicht hat das der trinkfreudige Bettler auch vor sich hingemurmelt.

Zum Abschluss dieses schönen Besuchs in Jerez lassen wir uns in einem Straßencafe auf der Plaza nieder, von wo aus man auf angenehme Weise dem quirligen Treiben auf den Straßen zuschauen kann. Am Nachmittag sind wir dann wieder zurück und kümmern uns um Sonne, Katze und Eidechse auf unserer Liegewiese.

Strandbeobachtungen

Es lohnt sich hier, sich einmal genauer am Strand umzusehen. Am besten bei Ebbe. Dann werden nämlich sonderbare verkrustete Steinmauern sichtbar, die einen oder mehrere große Kreise bilden. Diese Mäuerchen sollten bewirken, dass sich unkluge Fische bei ablaufendem Wasser nicht in die See retten konnten, sondern in den so geschaffenen Becken zurück blieben und auf diese Weise leicht zu fangen waren. Diese Einrichtung soll noch auf die Zeit der Mauren zurückgehen. Aber auch heute werkeln einige Arbeiter an den Mauern herum und halten sie instand, anscheinend funktioniert das System immer noch - oder es ist obendrein Weltkulturerbe, wie so viele Bauwerke in Andalusien.

Man kann bei Ebbe darin herum laufen, zum Glück entdecken wir keine gestrandeten Fische - die hätten uns nur leidgetan. Dafür kann man am Strand allerhand entdecken: grüne Seegurken, Muscheln und sonderbar verkrustete Steine. Einen Teildavon haben wir sogar mit nach Hause genommen, wo sie als Dekoration der Kakteentöpfe dienen - allerdings nicht die Seegurke, die wäre wohl etwas weich, und nicht nur das geworden.

An einer Düne blüht gerade eine prächtige Agave, und wer will, kann auf dem Foto den kleinen Spatz suchen, der sich darauf nieder gelassen hat.
Während ich einmal so allein am Strand herum streune, nimmt Heidi ganz nach Hausfrauenart einen Termin der Animation wahr: es geht ums Kochen. Es soll ein Rezept für eine Gazpacho vorgestellt werden. Aber wie es so ist, sie ist die einzige, die dort erscheint, bekommt aber das Rezept und zwei Gläschen zum Probieren. Somit geben wir das Rezept hier wörtlich wieder, damit sich die Sache auch gelohnt hat:

Gazpacho Andaluz Zutaten für (4 Tassen):
- 1 kg reife Tomaten (mit rotem Alzent)
- 1 grüne Paprika Typ Italiano (etwa 60 Gramm)
- 1 Stück Zwiebel (ca. 100 Gramm)
- 1 Knoblauchzehe
- 3 EL Olivenöl
- Weißweinessig
(Menge nach Geschmack, ich 6 Esslöffel, weil ich mag sehr stark)
- 1 EL Salz kleine rasa
- 1/4 Liter Wasser


Des Abends nach 21 Uhr versammeln sich immer etliche Gäste am Strand, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Zweimal wird man auch vom Hotel eingeladen, das liest sich so:

"Das Hotel möchte sie auf ein Gläschen Sherry einladen, auf der Promenade am Meer.
Genießen sie einen sehr schönen Sonnenuntergang (wenn das Wetter es erlaubt)."


Und das darf man sich nicht entgehen lassen. Der Name "Sherry" ist übrigens eine Abwandlung des Wortes "Jerez", das mit einem scharfem CH - (wie in RaCHen) - statt J am Anfang ausgesprochen wird. Das fällt sogar uns schwer, und noch mehr den Engländern - und daher hat man den Namen vereinfacht. Ursprung des Sherrys ist dann auch das Dreieck Cadiz, Sanlucar und Jerez.

Besuche in Rota

Man kann auf verschiedene Weisen nach Rota gelangen: mit dem Bus, oder zu Fuß. Für den Anfang nehmen wir das Angebot der Animateurin Stefanie an, mit den Gästen per Bus nach Rota zu fahren und dort durch die Kirche "Nuestra Senora de la O" und das  Kastell "Castillo de Luna" zu führen. Man steigt in Rota an der Plaza Jesus Nazaren aus und wandert durch die Fußgängerstraßen Alcalde Garcia Sanchez und Charco,  wo es viele kleine Läden gibt. Auf der Plaza de Espana wird uns erklärt, dass man dort gerne den Beginn des Neuen Jahres feiert, weil sich hoch oben an einem Hausgiebel eine große Uhr befindet (leider nicht auf dem Foto). Hoffentlich geht die immer richtig - besonders zu Sylvester.

Kurz darauf passieren wir die Plaza Barroso. Das klingt irgendwie europäisch - warum wohl? Und da ist dann auch schon die Nuestra Senora de la O, also die zu besichtigende Kirche aus dem 16. Jahrhundert. Eine Dame ereifert sich: "Was heißt denn hier das O?". Da hat sie womöglich eine literarische Wissenslücke und kennt die "Marquise von O" von Heinrich von Kleist nicht. In jener Novelle geht es um eine unerklärliche Schwangerschaft, aber das gehört wohl nicht hierher und gibt auch keine näheren Hinweise auf den Namen "von O".

Das Längsschiff der Kirche ist im Gotik-Renaissance Stil erbaut, die sog. Kapellen in den Seitenflügeln sind Barock. Die Kapellen dienen speziellen Zwecken wie Hochzeiten und Taufen (in der Reihenfolge).
Es gibt eine Marienfigur, die am übernächsten Sonntag in einer feierlichen Prozession durch die Straßen getragen werden wird. Da kommt dann viel Volk zusammen. Gleich gegenüber der Kirche ist nun das Castillo de Luna, und dank unserer Führung darf man auch auf das Dach hinaufsteigen. Das Kastell wurde 1999 restauriert, im viereckigen Innenhof kann man noch Reste von Fresken sehen, oben auf der Brüstung findet sich noch eine Reihe steinerner Wappen im Original. Vom Dach aus hat man einen herrlichen Blick über die Dächer von Rota, aber auch hinüber zum Kriegshafen, wo einige graue Ungetüme vor Anker liegen.

In den nächsten Tagen wandern wir noch zweimal nach Rota. Einmal geht es auf hölzernen Stegen durch einen Pinienwald, wo es freilebende Chamäleons geben soll. Wir entdecken aber nur ein Grafitti an den Resten eines Bunkers. Das andere Mal wandern wir den Strand entlang bis zur Promenade von Rota, die sehr gepflegt ist. Bis auf ein paar Ausnahmen hat man darauf verzichtet, monströse Hotelkästen zu errichten. Hoffentlich bleibt es dabei.

Die Rückfahrt von Rota mit dem Bus ist übrigens recht verwirrend, weil Teile der nördlichen Außenbereiche abgeklappert werden. Aber der Preis ist der gleiche wie für die kürzere Hinfahrt.

San Lúcar de Barrameda

Unsere Schweizer Freunde spendieren uns eine weitere Ausfahrt nach San Lucar de Barrameda. Diese Stadt liegt an der Mündung des Flusses mit dem unaussprechlichen Namen Guadalquivir. Dort erstreckt sich ein langer Strand und hin und wieder fährt ein Schiff vorbei, die Wasserverbindung reicht bis Sevilla. Es liegt eine Fähre am Strand, mit der man hinüber auf die andere Seite des Flusses gelangen kann, wo sich der Nationalpark Dońana befindet. In einem nahen Gebäude mit der Aufschrift Fabrica de Hielo kann man in Schaukästen die Einzigartigkeiten des Nationalparks studieren.

Im Zentrum der Stadt befindet sich wieder ein Parkhaus, wo man besser ein Auge bei der Einfahrt zukneift, denn sie ist ziemlich eng. Nun bummeln wir wieder los durch die belebten engen Gassen und geraten bald in einen kleinen Laden mit Stehtischen, Sherry- und Serranoschinken-Ausschank. Der Schinken wir mit einem scharfen Messer hauchdünn von der Keule geschnitten. An einer Wand hängen die Schinken, die noch reifen müssen. An ihrem unteren Ende ist ein Näpfchen befestigt, um das heruntertropfende Fett aufzufangen. Da lässt man es sich schmecken, bevor man weiter bummelt.

Auf dem zentralen Platz, der heißt wie die Stadt Plaza Sanlucar de Barrameda, findet man schnell ein angenehmes Plätzchen unter einem Sonnenschirm. Hin und wieder spricht einen dort ein Händler an, der von Taschenlampen bis Armbanduhren allerlei in seinen Taschen verbirgt. Besser man bleibt standhaft und belässt es bei No tengo dinero. Als es so gegen 14 Uhr ist, leert sich der Platz merklich, denn nun beginnt in der heißesten Zeit des Tages die Siesta, wo sich in den Straßen und Geschäften nicht mehr viel tut.

Wir bummeln trotzdem noch ein wenig herum. An einer Häuserwand finden sich Keramiktafeln, die an die seefahrerische Vergangenheit der Stadt erinnern. Wir werfen noch einen Blick in ein weiteres uriges Lokal, wandern an einem Kirchengebäude vorbei, wo auf den Kuppeln Störche nisten. Und so sagt man: "Die machen es richtig, anstatt sich auf einen langen Flug zu begeben, bleiben sie gleich da, wo es schön warm ist". Und an Nahrung wird es hier in den Niederungen des Guadalquivir nicht fehlen.

Auf der Rückfahrt machen wir noch einmal Halt an einem kleinen Biotop, das ist allerdings recht stachelig. Es besteht aus einer Art wilder Kaktushecke, die sich zum Blühen anschickt. Es ist immer eine Freude, wenn man der Natur ihren Lauf lässt und nicht alles pflegeleicht und "ordentlich" gestaltet.

Ein paar Tage später dürfen wir noch einmal mitfahren und besuchen das Restaurant Puerta de la Victoria, wo man besonders gut die spanische Küche genießen kann. Wir beschränken uns mangels Sprach- und Essenskenntnisse aber auf das Zuschauen beim Schneckenverzehr, haben wir doch wegen der Halbpension schon das Abendessen im Hotel gehabt. Auf jeden Fall ist so ein lauer Sommerabend in einer schönen andalusischen Stadt schon ein besonderes Erlebnis.

17.5., Sonntag: Die weißen Dörfer

Natürlich haben wir auch wieder eine Rundfahrt gebucht. Aber nicht nach Gibraltar oder Sevilla, sondern eine Fahrt zu den "weißen Dörfern", die für sich schon eine charakteristische Sehenswürdigkeit Andalusiens darstellen. Zunächst ist noch nicht klar, ob man uns vom Hotel abholen kann, weil die Fahrt von Jerez aus startet. Aber es finden sich noch zwei Damen, die am Hotel Duque de Najera in Rota zusteigen. Im Bus ab Jerez sind wir dann etwa 35 Personen, und die Reisebegleiterin versichert, dass sie in 28 Jahren noch nie einen Gast verloren hätte. Das hätte sich heute leicht ändern können, wie wir sehen werden.

Es geht nun in das Innere des Landes durch landwirtschaftlich geprägte Landschaften. Die zahlreichen Sonnenblumenfelder stehen leider noch nicht in der Blüte, denn das wäre eine Augenweide. Aber die Ausblicke auf eine liebliche Landschaft mit Oliven- und Pinienhainen sind ein Genuss. Auch die ersten weißen Ansiedlungen werden passiert. Nun wird uns erzählt, dass wir zunächst in das regenreichste Gebiet Andalusiens fahren, wo die westlichen Atlantikwinde die Wolken herantragen und diese sich an den ersten Bergen im Inland abregnen. Das ereignet sich aber hauptsächlich zwischen Oktober und März. Da oben hat man daher eine Anzahl Stauseen angelegt, wir werden einen davon am Rio Guadalete mit dem malerischen Ort Zahara de la Sierra anfahren. "Der Name des Ortes ist arabisch und bedeutet Blume" (WikiPedia).

Der Ort liegt zu Füßen eines Berges mit den Resten einer maurischen Burg. Nach dem Aussteigen aus dem Bus scheiden sich die Geister: die weniger wanderfreudigen Herrschaften begeben sich zu einem nahegelegenen Cafe, die anderen bergwärts, mal sehen, wie weit man kommt. Nach ein paar Gassen erreicht man den oberen Ortsrand mit einem Platz und einer Kirche unter schroffen Felsen. Aber es geht noch weiter, denn oben auf dem Berg ist ein Turm, da muss man ja irgendwie hinkommen. Und das gelingt nach einiger Steigerei, sogar zwei Mädchen mit Pantoletten haben es geschafft. Nun hinauf auf den Turm zu klettern, dazu reicht die Puste dann doch nicht.

Wieder unten kann man den Zurückgebliebenen mit glänzenden Augen erzählen, wie schön es da oben gewesen ist. Zur Belohnung für alle wird vor der Weiterfahrt an einem Aussichtspunkt Rotwein aus dem Pappbecher spendiert. Die Strecke geht nun weiter an dem Stausee entlang. Während die Reiseleiterin etwas über die Gänsegeier erzählt, lassen sich tatsächlich zwei dieser Exemplare über der Straße sichten. Aus dem Bus heraus lassen sie sich leider nicht fotografieren.

Bald erreichen wir Ronda, sozusagen das Mekka der weißen Dörfer. Das liegt daran, dass der Ort zu beiden Seiten der schroffen Schlucht El Tajo mit dem Fluss Rio Guadalevin erbaut ist. Das zieht Unmassen an Besuchern an. So auch heute, denn es findet wohl gerade so etwas wie ein Volksfest statt. Hinter der Stierkampfarena befindet sich das Verkehrsbüro. Dort kommt man kaum hinein, die Massen quellen aus dem Eingang bis auf den vorgelagerten Platz. Aber schließlich gelingt es doch, einen Ortsplan zu ergattern. Nun ist man für ein paar Stunden auf sich allein gestellt.

Als erstes überquert man die Puente Nuevo und schießt von dort aus die notwendigen Fotos der Schlucht, deren Schlund tief unten gähnt. Man kann wohl dort hinabsteigen, aber dazu scheint keiner Lust zu haben. Man erreicht dann die Calle Armińán, wo sich die Souvenirläden drängen. Zur Entspannung gilt es noch einen Blick in die Kirche Iglesia de la Virgen de la Paz zu werfen, und an der Iglesia de Santa Maria la Mayor kehren wir dann um. Nun kommt uns noch ein Umzug mit napoleonischen Militäruniformen entgegen, soll wohl an die leidige Franzosenzeit erinnern und daran, dass man irgendwann davon befreit wurde. Da sollen Räuberbanden aus den Bergen eine gewisse Rolle gespielt haben, wird uns später erzählt.

Den Rest der Zeit drängeln wir uns mit Tausenden anderen durch einen kleinen Park. Dort sind anlässlich der Vergnügungsaktivitäten allerlei Buden zur Verköstigung aufgebaut. Leider wird es immer voller, zudem windiger, sodass zuweilen kleine Sandstürme die Gegend eintrüben. Am Rande des Parks lassen wir uns nieder und trinken eine Cola, bis der Zeitpunkt für das Treffen zur Weiterfahrt gekommen ist. Ab und zu schreckt einen ein Böllerschuss auf, der stammt von einer Theateraufführung nebenan vor der Iglesia de Nuestra Senora de la Merced Ronda (Google) oder Convento de la Merced (Ortsplan). Es wird wohl das freudvolle Ende der Franzosenzeit inszeniert.

Unser Treffen für die Weiterfahrt fällt ganau mit dem Schlussapplaus des Theaters zusammen und schlagartig entsteht ein großes Gedränge. Da hat es unsere Reiseführerin schwer, die Gäste wieder vollzählig zurück zum Busparkplatz zu lotsen. Nachdem sie dort etwas in Panik noch einige Herrschaften zusammen gesucht hat, kann sie nun doch ihre 28 jährige makellose Gästebilanz fortsetzen.

Und wir stimmen einer Empfehlung in den Reiseführern zu: man sollte eine übernachtung in Ronda buchen und ab Spätnachmittag den Ort ohne den Touristenansturm genießen. Das gilt übrigens auch für Helgoland und Hiddensee hierzulande.

Das letzte Ziel des Tages ist das Vorzeigedorf Grazalema. Bei der Fahrt durch ausgedehnte Korkeichenwälder werden uns die Hintergründe des Serranoschinkens erläutert. Dessen höchste Qualität stamme von schwarzen Schweinen, die man frei in den Korkwäldern herumlaufen lässt und wo diese sich von den Eicheln ernähren können. (Bei Wikipedia steht allerdings, dass der Schinken von schwarzen Schweinen Jamon Iberico heißt und wesentlich teurer ist.) Jedenfalls wird der Schinken 6 bis 18 Monate bis zur Reife gelagert und danach zum Verzehr unter Verwendung oben beschriebener Fettnäpfchen an die Wand gehängt.

Irgendwie hat diese Erläuterung den Gästen Appetit gemacht, denn angekommen in Gazalema begibt man sich sogleich in enes der Tapa-Restaurants an der Plaza. Bei mangelnden Sprachkenntnissen ist man mit der Speisekarte allerdings hoffnungslos überfordert. Macht man sich die Mühe - und das geht nur zurück zu Hause, die Speisekarte zu übersetzen (mit LEO), kommt folgendes dabei heraus - aber das ist ohne Gewähr. Fürs erste hilft uns unsere Reiseführerin und empfiehlt die Paprikawurst aus Jerez. Das sei eine besondere Spezialität, und damit hat sie recht. Nur ist die Menge bei dem Preis von 2 € nicht zu bewältigen.

Damit muss eingestanden werden, dass der Ort Gazalema etwas zu kurz gekommen ist, was eine genauere Besichtigung angeht. Aber die Plaza und ein paar blumige Balkons vermitteln schon einen guten Eindruck. Damit geht es wieder zurück, wir passieren noch die wohl sehr sehenswerte Stadt Arcos. Da hält der Bus an einer bestimmten Stelle kurz an, wo man die Stadtsilhouette besonders gut bewundern kann. Aber bis man sich mit dem Fotoapparat richtig eingezoomt hat, geht die Fahrt schon wieder weiter. Und rechtzeitig zum Abendessen sind wir wieder zurück in unserem Hotel.

Rückreise

Damit sind die Hauptereignisse und Unternehmungen dieses Urlaubs erzählt. Vielleicht war es diesmal unser "Traumhotel" und vielleicht kommen wir einmal wieder. Am Mittwoch reisen unsere Schweizer Freunde ab, und wir lernen eine neue Nachbarin kennen. Wir müssen nach ihrem Dialekt fragen, den wir gar nicht einordnen können: es ist Pfälzisch. Als wir am Abflugtag morgens um 6 Uhr das Zimmer verlassen, finden wir eine Abschiedskarte vor, auf der zu lesen ist:

Liebe Nachbarn!
Ich glaube nicht, dass es sehr darauf ankommt,
wieviel Zeit man zusammen verbringt,
sondern wie intensiv die Momente des Zusammenseins sind!
Danke für die schönen Momente und das Miteinander "Lachen". Ich wünsche euch einen super Heimflug und ein schönes Leben.

Das war ja nun richtig nett, und so treten wir wohlgemut den Rückflug an, bei dem diesmal alles nach Wunsch klappt. Zu Hause haben wir mit dem Wetter nichts verpasst, Kälte und eine Trockenheit, die noch bis Mitte Juni anhält. Aber der Rasen im Garten wächst trotzdem.